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 Die Gewehrfabrike
 
(Entwurf)


Welche Betriebsamkeit, welcher Kunstfleiß, welche sinnreich erfundenen Maschinen und — zu welchem Zweck?

Dieses Eisen.
Wo lag es — wie lange?
Was hätte daraus werden können.
Ein Ackergeräte — eine Pflugschar.
Digression auf den Ackerbau.
Ein Werkzeug in der nützlichen Hand des Künstlers.
Digression auf das Handwerk.
Aber es ist — ein Feuerrohr.
Unglückliche Waffe! Welche Opfer der Leidenschaft warten auf dich?
Es wird vielleicht einen gefiederten Sänger im Hain seines fröhlichen Daseins berauben — oder — unglückliches Geschöpf — eine friedliche Rehe an der Quelle.
Digression auf die Jagd.
— und geschähe nur das und nichts Schlimmeres. Es wird vielleicht in der Hand des Räubers den sorglosen Wanderer fällen. — Vergeblich wartet daheim die Gattin — — — auf seine Rückkehr. — — —
Räuberhandwerk.
Oder es wird von dem mutigen Sohne des Vaterlandes getragen, die vaterländischen Rechte und Fluren zu schützen.
Oder von dem Söldner des Eroberers gespannt, den Verteidiger der vaterländischen Grenzen darniederzustrecken.
Wert eines einzigen Menschenlebens. Mühe der Erziehung. Aussichten des Jünglings. Ein Moment!
— und es ist alles vorüber.
Digression auf die Schlacht, wo Tausende fallen.
Doch —
schöner Preis des Kampfes
Sieg der Tapferkeit
unvergänglicher Ruhm
Friede und Freiheit.
Mit dem Lorbeer und der Palme kehren die Helden zurück — begrüßt —.
Sie haben eine glückliche Zukunft errungen. Schilderungen des seligen Friedens.

Theokrits Idylle: Die Chariten.
 

 




Entwurf, von Rudolf Sillib erstmals in Jahrgang 5/6 der Zeitschrift „Badische Heimat" veröffentlicht, befindet sich im Originalmanuskript in der Universitätsbibliothek Heidelberg.
Aller Wahrscheinlichkeit nach sollte aus dem Entwurf ein Kalenderbeitrag werden. Jedenfalls ist er nicht vor Napoleons Sturz niedergeschrieben, da vorher der Hinweis auf „den mutigen Sohn des Vaterlandes, der die vaterländischen Rechte und Fluren schützt" sowie gar auf „den Söldner des Eroberers, welcher die Verteidiger der vaterländischen Grenzen darniederstreckten" schwerlich gewagt worden wäre. Demnach dürfte die Skizze in der zweiten Hälfte des Jahres 1814, nachdem die Beiträge für den Kalender für 1815 bereits in Druck gegeben waren, unter dem unmittelbaren Eindruck des Befreiungskrieges zu Papier gebracht, dann jedoch liegengeblieben sein, da Hebel infolge der Beanstandung des „frommen Rates" die Lust am Kalendermachen vergällt war. Als diese ihn im Jahre 1818 nochmals anwandelte und er den Kalender für 1815 verfaßte, griff er wohl deswegen nicht mehr auf den Entwurf zurück, weil sein ursprünglich aktueller Reiz („Mit dem Lorbeer und der Palme kehren die Helden zurück") in den Jahren des Friedens bereits abgeblaßt war.
Auf das Thema mag Hebel durch den ihm befreundeten Hofagenten David Freiherrn von Eichthal gekommen sein, der in den Räumen des säkularisierten Klosters St. Blasien neben einer Spinnerei eine Gewehrfabrik eingerichtet hatte.


in: W. Zentner, J. P. Hebel, Erzählungen und Aufsätze des Rheinl. Hausfreunds,
Gesamtausgabe 2. Band; Karlsruhe 1968
 
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