Der geduldige Mann
(1810)
Ein Mann, der eines Nachmittags müde
nach Hause kam, hätte gern ein Stück Butterbrot mit Schnittlauch darauf gegessen,
oder etwas von einem geräucherten Bug. Aber die Frau, die im Haus ziemlich der
Meister war, und in der Küche ganz, hatte den Schlüssel zum Küchenkästlein in
der Tasche, und war bei einer Freundin auf Besuch. Er schickte daher die Magd
und den Knecht eins um das andere, die Frau soll heimkommen, oder den Schlüssel
schicken. Sie sagte allemal: „Ich komm gleich, er soll nur ein wenig warten."
Als ihm aber die Geduld immer näher zusammenging, und der Hunger immer weiter
auseinander, trägt er und der Knecht das verschlossene Küchenkästlein in das
Haus der Freundin, wo seine Frau zum Besuch war, und sagt zu seiner Frau: „Frau,
sei so gut, und schließ mir das Kästlein auf, daß ich etwas zum Abendessen
nehmen kann, sonst halt ich's nimmer aus." Also lachte die Frau, und schnitt ihm
ein Stücklein Brot herab und etwas vom Bug. |