Der Furtwanger in Philippsburg
(1819)
Im Jahr 1734, als
der Franzos Sturm lief auf Philippsburg, und die Reichstruppen lagen darin,
steht ein Rekrut, ein Furtwanger, auf einem einsamen Posten seitwärts vom
Angriff, und denkt: „Wenn's nur nicht hieher kommt!" Indem wächst ganz leise
eine französische Grenadierkappe hinter dem Rempart herauf, und kommt ein Kopf
nach mit einem Schnauzbart, wie wenn der Mond aufgeht hinter den Bergen. Denn
ein paar Dutzend Waghälse hatten draußen eine Sturmleiter angelegt, um
unbeschrien auf den Rempart zu kommen, und sahen die Schildwache nicht, daß eine
da sei. Springt der Furtwanger herbei, und gibt dem Franzosen einen Stich.
Pfeifen auf einmal Kugeln genug um ihn her aus Windbüchsen, und geht ein zweites
Franzosengesicht auf hinter dem Rempart. Gibt ihm der Furtwanger auch einen
Stich, und sagt: „Aber
jetzt kommst du nimmer." Item: es kam der dritte, und der vierte und bis zum
zwölften. Als der Sturm abgeschlagen war, und der Platzkommandant auf dem Platz
herumritt, ob alles in der Ordnung sei, sieht er von weitem die Sturmleiter und
zwölf tote Franzosen dabei, und wie er zu dem Posten kommt, fragt er den
Furtwanger: „Was hat's hier gegeben?" - „So?" sagt der Furtwanger, „Ihr habt gut
fragen. Wißt ihr, daß mir einer mehr zu schaffen gemacht hat, als Euch alle. Nur
zwölfmal hintereinander hat er angesetzt. Unten im Graben muß er liegen."
Denn
er meinte, es sei immer der nämliche gewesen, und es könne nur mit dem Bösen
zugegangen sein, daß ihm allemal hinter dem Bajonett die Wunde wieder heilte. Da
lächelte der Kommandant und die Offiziere, so mit ihm waren, und nahm ihm seinen
Unverstand nicht übel, sondern er ließ ihm für jeden ein Halbguldenstück
Stechgeld bezahlen, und durfte er überdies selbigen Abend auf Rechnung der
Reichs-Operationskasse Wein trinken, und Speck essen, soviel er wollte. |