Der fechtende Handwerksbursche in Anklam
(1808)
Im
August des Jahrs 1804 stand in der Stadt Anklam in Pommern ein reisender
Handwerksbursche an einer Stubentüre, und bat um einen Zehrpfennig ganz
fleißig. Als sich niemand sehen ließ noch rührte, öffnete er leise die
Türe und ging hinein. Als er aber eine arme und kranke Witwe erblickte,
die da sagte, sie habe selber nichts, so ging er wieder hinaus.
Lieber Leser, denke nicht, der hat's lassen drauf ankommen, ob jemand in
der Stube ist, hat seinen Zehrpfennig selber wollen nehmen. Sonst mußt
du dich schämen, und in deinem Herzen einem edeln Menschen Abbitte tun.
Denn der Handwerksbursche kam nach ungefähr 5 Stunden wieder. Die Frau
rief ihm zwar entgegen: „Mein Gott! ich kann Euch ja nichts geben. Ich
selbst lebe von anderer Menschen Milde, und bin jetzt krank." Allein der
edle Jüngling dachte bei sich selber: Eben deswegen. Anständig und
freundlich trat er bis vor den Tisch, legte aus beiden Taschen viel Brot
darauf, das er unterdessen gesammelt hatte, und viele auf gleiche Art
gesammelte kleine Geldstücke. „Das ist für Euch, arme kranke Frau",
sagte er mit sanftem Lächeln, ging wieder fort, und zog leise die
Stubentüre zu.
Die Frau war die Witwe eines ehmaligen braven Unteroffiziers, namens
Laroque, bei dem preußischen Regiment von Schönfeld.
Den Namen des frommen Jünglings aber hat ein Engel im Himmel für ein
andermal aufgeschrieben. Ich kann nicht sagen, wie er heißt.
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