Der Geizige (1812)
Ein geiziger Mann hatte ein einträgliches Geschäft
in einem Städtlein. Weil aber dort alles ein wenig teurer war, so wohnte
er eine halbe Stunde davon in einem Dorf, und ging alle Morgen hinein,
und alle Abende wieder hinaus. Wenn ihn nun ein Nachbar um einen
Gefallen ansprach: „Seid so gut und richtet mir in der Stadt dies oder
jenes aus, sonst muß ich den Gang selber tun", so sagte er: „Ist's nicht
genug, wenn ich die Schuhsohlen in meinen eigenen Geschäften ablaufe,
soll ich die Eurigen auch noch versehen." Wenn nun der Nachbar sagte:
„Ihr müßt ja den Gang doch tun, ob Ihr mir daneben einen kleinen Dienst
erweiset oder nicht", so erwiderte er: „Und wenn ich Euch den Dienst
nicht erweise, so müßt Ihr doch auf Euern eigenen Sohlen in die Stadt
gehen, ob ich daneben den nämlichen Gang auch mache oder nicht." Sagte
nun der Nachbar: „Wißt Ihr was? Ich will Euch meine Schuhe leihen", so
tat er ihm den Gefallen. Lieh er aber ihm die Schuhe nicht, so tat er
ihm auch den Gefallen nicht.
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