zurück

Die betrogenen Zecher    (1813)
 
Zwei Zechbrüder besuchten oft eine Stunde weit einen Freund aufs Mittagessen, weil er guten Jochem hatte, und ihm der Wein nicht überzwerch im Faß lag. An seinem Namenstag, als sie wieder kamen, und hatte jeder vorher einen Hering gegessen wegen dem Durst und schwitzten Tropfen wie Haselnuß, denn es war am 8. August, Cyriak hieß er, da dachte der Herr Cyriak: Ich will doch sehen einmal, ob ich der gute Freund bin, oder mein Wein. Also nahm er den einen vor dem Essen auf die Seite und sagte: „Gevatter, tut mir den Gefallen, und helft mir den Apotheker (das war der andere) unter den Tisch trinken. Wir wollen gelbgefärbtes Wasser trinken, und Ihr müßt ihm fleißig anstoßen, auf den Cyriak, allemal ex pleno." Das war dem Gevatter recht. Drauf nahm er den Apotheker auch auf die Seite, und sagte: „Helft mir heute meinen Gevattermann zudecken", und tat ihm den nämlichen Vorschlag. Dem Apotheker war's auch recht, und jeder dachte: Das gibt ein Spaß. Also tranken sie miteinander sieben Maß Wasser Durlacher Eich über der Mahlzeit, und noch drei Maß stehendes Fußes auf viel nachfolgende. Als er ihnen die vierte einschenken wollte, sagte der Gevattermann: „Ich kann nimmer, er ist mir zu stark." Der Apotheker sagte: „Ich kann auch nimmer. Ich muß noch Bärendreck kochen, wenn ich heimkomme." Doch nahmen sie noch eins zur schuldigen Danksagung. Unterwegs sagte der Gevatter des Cyriaks: „Apotheker, heut habt Ihr ein Meisterstück gemacht. Ich kann nicht begreifen, wie Ihr noch aufrecht gehen könnt." Der Apotheker sagte: „Mich wundert's, daß Ihr nicht blindhagelvoll seid." - „So", sagte der Gevattermann, „drum hab ich Wasser getrunken." Da gingen dem Apotheker die Augen auf, und sagte: „Ich auch"; da gingen dem Gevattermann auch die Augen auf.

 
 
 


                     



Das nach dem Faksimiledruck
von 1981 erstellte
Gesamtverzeichnis
der Kalenderbeiträge
1803-1826