Wie man aus Barmherzigkeit rasiert wird
(1810)
In eine Barbierstube kommt ein armer Mann mit
einem starken schwarzen Bart, und statt eines Stücklein Brotes bittet
er, der Meister soll so gut sein, und ihm den Bart abnehmen um Gottes
willen, daß er doch auch wieder aussehe wie ein Christ. Der Meister
nimmt das schlechteste Messer, wo er hat, denn er dachte: Was soll ich
ein gutes daran stumpf hacken für nichts und wieder nichts? Während er
an dem armen Tropfen hackt und schabt, und er darf nichts sagen, weil's
ihm der Schinder umsonst tut, heult der Hund auf dem Hof. Der Meister
sagt: „Was fehlt dem Mopper, daß er so winselt und heult?" Der Christoph
sagt: „Ich weiß nicht." Der Hans Frieder sagt: „Ich weiß auch nicht."
Der arme Mann unter dem Messer aber sagt: „Er wird vermutlich auch um
Gottes willen barbiert, wie ich." |