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Hebel-Gedichte - hochdeutsche und englische Übersetzung
 

Die Marktweiber
in der Stadt

Die Marktweiber
in der Stadt

The market women
in the city

 

 

 


I chumm do us 's Rothshere Hus,
's isch wohr, 's sieht proper us;
doch ischs mer, sie heigen o Müeih und Noth
und allerlei schweri Gidanke,

"Chromet süssen Anke!"
wies eben überal goht.

Io weger, me meint in der Stadt,
seig alles sufer und glatt;
die Here sehn eim so lustig us,
und 's Chrütz isch ebe durane,

"Chromet iungi Hahne!"
mengmol im pröperste Hus.

Und wemme g'chämpft muß ha,
gohts, meini, ehnder no a
im Freie dusse, wo d'Sunn
o lacht;
und Blumen und Aehri schwanke,

"Chromet süssen Anke!"

und d'Sterne flimmere z'Nacht.

Und, wenn der Tag verwacht,
was ischs nit für e Pracht!
Der lieb Gott, meint me, well selber cho,
er seig scho an der Chrischone,

"Chromet grüni Bohne!"
und chömm iez enanderno.

Und d'Vögeli meine's o,
sie werde so busper und froh,
und singe: "Her Gott dich loben wir"
und 's glitzeret ebe z'send ane;

"Chromet iungi Hahne!"

's
isch wohr, me verlueget si schier.

Und faßt e frische Muth,
und denkt: Gott meint is gut,
sust hätt der Himmel kei Morgeroth;
er willis nummen o üebe.

"Chromet geli Rüebe!«
Mer bruche ke Zuckerbrod.

Und innewendig am Thor
het menge d'Umhäng no vor,
er schloft no tief, und 's traumt em no.
Und ziehn sie der Umhang fürsi,

"Chromet schwarzi Chirsi!"

se simmer scho alli do.

Drum merke sies selber schier,
und chömme zum Pläsier
ufs Land, und hole ne frische Muth
im Adler und bim Schwane,

"Chromet iungi Hahne!"

und 's schmecktene ziemli gut.

Und doch meint so ne Her,
er seig weiß Wunder mehr,
und lueget ein numme halber a.
Es dunkt mi aber, er irr si;

"Chromet süssi Chirsi!"

Mi Hans isch au no e Ma.

Rich sin sie, 's isch kei Frog,
's Geld het nit Platz im Trog.
Mir thuet bim Blust e Büeßli weh,
bi ihne heißt es: Dublone,

"Chromet grüni Bohne!"

und hen no alliwil meh.

Was chost en Immis nit?
's heißt numme: Mul, was witt?
Pastetli, Strübli, Fleisch und Fisch,
und Törtli und Makrone.

"Chromet grüni Bohne!"

Der Platz fehlt uffem Tisch.

Und erst der Staat am Lib!
me cha's nit seh vor Chib.
Lueg numme di chospere Junten a!
I wott sie schenkte mir sie.

"Chromet schwarzi Chirsi!"

Sie chönnte mini drum ha.

Doch isch eim 's Herz bitrübt,
se gib em, was em b'liebt,
es schmekt em nit, und freut en nit;
es goht eim wie de Chranke.

"Chromet süssen Anke!"

Was thut me denn dermit?

Und het me Chrütz und Harm,
sen isch me ringer arm;
me het nit viel, und bruucht nit viel,
und isch doch sicher vor Diebe,

"Chromet geli Rüebe!"
Z'lezt chunnt men o zum Ziel.

Jo gell, wenns Stündli schlacht?
He, io, 's bringt iedi Nacht
e Morgen, und me freut si druf.
Gott het im Himmel Chrone,
"Chromet grüni Bohne!"

Mer wen do das Gäßli uf.

 

 
Ich komme hier aus der Ratsherren Haus,
es ist wahr, es sieht proper aus;
doch ist es mir, sie hätten auch Mühe und Not
und allerlei schwere Gedanken,
"Kauft süße Butter!"
wie es eben überall geht.

Ja natürlich, man meint in der Stadt,
sei alles sauber und glatt;
die Herren sehen einem so lustig aus,
und das Kreuz ist eben überall,
"Kauft junge Hähne!"
manchmal im anständigsten Haus.

Und wenn man gekämpft haben muss,
geht es, meine ich, noch eher an
im Freien draussen, wo die Sonne lacht;
und die Blumen und Ähren schwanken,
"Kauft süße Butter!"
und die Sterne flimmern in der Nacht.

Und, wenn der Tag erwacht,
was ist es nicht für eine Pracht!
Der liebe Gott, meint man, wolle selbst kommen,
er sei schon an der Chrischona,
"Kauft grüne Bohnen!"
und komme jetzt rasch hinterher.

Und die Vögelchen meinen es auch,
sie werden so munter und froh,
und singen: "Herr Gott dich loben wir"
und es glitzert eben überall;
"Kauft junge Hähne!"
es ist wahr, man verkuckt sich schier.

Und fasst einen frischen Muth,
und denkt: Gott meint es uns gut,
sonst hätte der Himmel kein Morgenrot;
er will uns nur auch trainieren.
"Kauft gelbe Rüben!"
Wir brauchen kein Zuckerbrot.

Und innerhalb am Tor
hat mancher die Vorhänge noch zugezogen,
er schläft noch tief, und es träumt ihm noch.
Und ziehn sie die Vorhänge zurück,
"Kauft schwarze Kirschen!"
da sind wir schon alle da.

Darum merken sie es selbst beinahe,
und kommen zum Vergnügen
auf das Land, und holen frischen Mut
im Adler und im Schwanen,
"Kauft junge Hähne!"
und es schmeckt ihnen ziemlich gut.

Und doch meint so ein Herr,
er sei Wunder was mehr,
und schaut einem nur halb an.
Es dünkt mich aber, er irre sich,
"Kauft süße Kirschen!"
Mein Hans ist auch noch ein Mann.

Reich sind sie, es ist keine Frage,
das Geld hat nicht Platz im Trog.
Mir tut bei Überraschendem ein Kreuzer weh,
bei ihnen heißt es: Dublonen,
"Kauft grüne Bohnen!"
und haben alleweil noch mehr.

Was kostet ein Mittagessen nicht?
es heißt nur: Maul, was willst du?
Pastetchen, Backwerk, Fleisch und Fisch,
und Törtchen und Makronen.
"Kauft grüne Bohnen!"
Der Platz fehlt auf dem Tisch.

Und erst der Staat am Leib!
man kann es nicht sehen vor Neid.
Schau nur die kostbaren Röcke an!
Ich wollte, sie schenkten mir sie.
"Kauft schwarze Kirschen!"
Sie könnten meine dafür haben.

Doch ist einem das Herz betrübt,
so gib ihm, was ihm beliebt,
es schmeckt ihm nicht und freut ihn nicht;
es geht einem wie den Kranken.
"Kauft süße Butter!"
Was tut man denn damit?

Und hat man Kreuz und Leid,
so ist man leichter arm;
man hat nicht viel und braucht nicht viel,
und ist doch sicher vor Dieben,
"Kauft gelbe Rüben!"
Zuletzt kommt man auch zum Ziel.

Ja nicht wahr, wenn das Stündlein schlägt?
He, ja, es bringt jede Nacht
einen Morgen, und man freut sich darauf.
Gott hat im Himmel Kronen,
"Kauft grüne Bohnen!"
Wir wollen hier das Gässchen hinauf.
 
I come here from the alderman's house,
it is true, it looks proper;
but it seems to me that they also have trouble and hardship
And all sorts of heavy thoughts,
"Buy sweet butter!"
as is the case everywhere.

Yes, of course, one thinks in the city
everything is clean and smooth;
the gentlemen look so funny,
and the cross is just everywhere,
"Buy young cocks!"
sometimes in the most respectable house.

And if you have to have fought,
I think it's even better
outdoors, where the sun is shining;
and the flowers and ears of corn sway,
"Buy sweet butter!"
and the stars flicker in the night.

And, when the day awakes,
what a splendor it is not!
The good Lord, one thinks, wants to come himself,
He is already at the Chrischona,
"Buy some green beans!"
and is now coming quickly behind.

And the little birds think so too,
they become so lively and happy,
and sing: "Lord God we praise you"
and it glitters just everywhere;
"Buy young cocks!"
It's true, you could almost fall for it.

And take fresh courage,
And think: God means well for us,
otherwise the sky would have no dawn;
He only wants to train us too.
"Buy yellow turnips!"
We don't need Sugarbread.

And inside the gate
some have still drawn the curtains,
they're still fast asleep, still dreaming.
And they draw back the curtains,
"Buy black cherries!"
we're all already there.

So they almost realize it themselves,
And come for pleasure
To the country, and take fresh courage
at the Adler and the Schwanen,
"Buy young cocks!"
and it tastes pretty good to them.

And yet such a gentleman thinks
he is wonder what more,
and only half looks at you.
But it seems to me that he is mistaken,
"Buy sweet cherries!"
My John is also still a man.

They're rich, there's no question about it,
There's no room for money in the tray.
A kreuzer hurts me with surprises,
For them it's doubloons,
"Buy green beans!"
and they always have even more.

What doesn't lunch cost?
it's just: Mouth, what do you want?
Pies, pastries, meat and fish,
and tarts and macaroons.
"Buy green beans!"
There's no room on the table.

And yet the state on the body!
You can't see it for envy.
Look at those precious skirts!
I wish they'd give them to me.
"Buy black cherries!"
They could have mine for it.

But if one's heart is sad,
give him, what he likes,
it doesn't taste good and doesn't make him happy;
you feel like the sick.
"Buy sweet butter!"
What do you do with it?

And if you have a cross and suffering,
it is easier to be poor;
you don't have much and don't need much,
and yet is safe from thieves,
"Buy yellow turnips!"
In the end you too will reach your goal.

Isn't that true, when the hour strikes?
Hey, yes, every night brings
a morning, and one looks forward to it.
God has crowns in heaven,
"Buy green beans!"
We want to go up the narrow alley here.
     
     

 

 

Die Marktweiber in der Stadt - Audio-Datei (mp3)  /  The Market women in the city - Audio File (mp3)

Ansage: Dr. Erhard Richter; Marktweiber: Elfriede Wolff, Margot Sehringer

LP: Johann Peter Hebel, Alemannische Gedichte und Lieder, 1975; Sprecher: Burgfestspiele Rötteln e. V.
Produktion und Herausgabe: AG Markgräfler Land e. V.
© & Genehmigung: Geschichtsverein Markgräflerland e. V.

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"chromet" von "chrome" = kramen = wühlen, umständlich herumsuchen -
 
aber im schweizerischen Sprachraum - und dieses Gedicht spielt in Basel  -
bedeutet 'kramen/chrome': kleine Einkäufe machen, besonders auf dem Markt oder Jahrmarkt
, daher ist "Kauft" für "Chromet" angebracht.


“chromet” from ‘chrome’ = to rummage = to dig for something, to search around laboriously -
 
but in the Swiss-speaking world - and this poem is set in Basel -
'kramen/chrome' means to make small purchases, especially at the market or fair, therefore ‘Buy’ is appropriate for "chromet".

 

Chrischone / Chrischona:

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Chrischona    and    https://en.wikipedia.org/wiki/St._Chrischona

 

   
 
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Übersetzung in Hochdeutsch: Hansjürg Baumgartner

Übersetzung in Englisch: DeepL (free version)

 

 

Daten von <a href="https://www.openstreetmap.org/">OpenStreetMap</a> -
Veröffentlicht unter <a href="https://opendatacommons.org/licenses/odbl/">ODbL</a>