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Hebel-Gedichte - hochdeutsche und englische Übersetzung
 

Der Jenner

Der Januar

The January

 

 

 


Im Aetti sezt der Oeldampf zu.
Mer chönnte 's Aempli use thue,
und d'Läden uf. Der Morge-Schi'
blickt scho zum runde Nastloch i. -
O lueget doch, wie chalt und roth
der Jenner uf de Berge stoht!

Er seit: "I bi ne b'liebte Ma,
der Stern am Himmel lacht mi a!
Er glitzeret vor Lust und Freud,
und mueß er furt, sen ischs em Leid;
er luegt mi a, und cha 's nit lo,
und würd byzite wieder cho.

Und untermer in Berg und Thal,
wie flimmerets nit überal!
An allen Ende Schnee und Schnee;
's isch alles mir zu Ehre g'scheh,
und woni gang im wite Feld,
sin Stroße bahnt, und Brucke gstellt."

Er seit: "I bi ne frische Ma,
i ha ne luftig Tschöpli a,
und rothi Backe bis ans Ohr.
e heiter Aug und Duft im Hoor,
ke Wintergfrist, ke Gliederweh,
und woni gang, se chracht der Schnee."
  
Er seit: "I bi ne gschickte Ma,
lueg, wieni überzuckere cha!
I chuuch, und an de Hürste hangts,
und an de zarte Birche schwankts.
Der Zuckerbeck mit gschickter Hand,
mit Geld und Gut wärs nit im Stand.

Jez lueg au dini Schiben a,
und wieni Helgli chritzle cha!
Do hesch e Blüemli, wenns der gfallt,
do hesch e ganze Tannewald!
Der Früehlig chönnts nit halber so,
's isch mit der Farb nit alles tho.''

Er seit: ''I bi ne starche Ma,
und zwing mi näumer, wenn er cha!
Der Forster gstablet uf der Jacht,
der Brunntrog springt, der Eichbaum chracht.
D'Frau Sunne mittem Gsichtli rund,
het's Herz nit, aß sie füre chuunt.''

's isch wohr, me weiß nit, was sie tribt,
und wo sie alli Morge blibt.
Wie länger Nacht, wie spöter Tag,
wie besser aß sie schlofe mag,
und blieb es bis um Zehni Nacht,
se chäm sie erst, wenns Oelfi schlacht.

Nei, het sie's ghört? Dört chunt sie io!
Me meint, 's brenn alles liechterloh! -
Sie stoht im chalte Morgeluft,
sie schwimmt im rothe Nebelduft.
Zeig, chuuch e wenig d'Schiben a,
's isch, aß me besser luege cha!

Der Nebel woget uf und ab,
und d'Sunne chämpft, sie loßt nit ab.
Jez het sie's gunne. Wit und breit
strahlt ihri Pracht und Herrlichkeit.
O lueg, wie's über d'Dächer wahlt,
am Chilche-Fenster, lueg, wies strahlt.

Der Jenner sezt si Arm in d'Huft,
er ruckt am Hut, und schnellt in d'Luft.
Der Jenner seit: "I förch di nit.
Chumm, wenn de mit mer baschge witt!
Was gilts, de würsch byzite goh,
und rüehmsch dim Büebli nüt dervo!"

Je, 's wär wohl hübsch und liebli so
im warme Stübli gfallts eim scho.
Doch mengi Frau, daß Gott erbarm,
sie nimmt ihr nackig Chind in d'Arm
sie het em nüt um d'Gliedli z'thue,
und wicklet's mittem Fürtuech zu.

Sie het kei Holz, und het kei Brod,
sie sizt und chlagts im liebe Gott.
G'friert Stei und Bei, wohl thaut der Schmerz
no Thränen uf im Muetterherz.
Der Jenner  isch e ruuche Ma,
er nimmt si nüt um d'Armeth a.

Gang, bring der arme Fischer-Lis'
e Säckli Mehl, e Hemdli wiß,
nimm au ne Wellen oder zwo,
und sag, sie soll au zuenis cho,
und Weihe hole, wenni bach,
und decket iez der Tisch alsgmach.

 


Dem Vater setzt der Öldampf zu.
Man könnte die Lampe hinaus tun,
und die Fensterläden auf. Der Morgenschein
blickt schon zum runden Astloch herein.
O schaut doch, wie kalt und rot
Der januar auf den Bergen steht!

Er sagt: "Ich bin ein beliebter Mann,
der Stern am Himmel lacht mich an!
Er glitzert vor Lust und Freude,
und muss er fort, so tut es ihm leid;
er schaut mich an, und kann es nicht lassen,
und wird beizeiten wieder kommen.

Und unter mir in Berg und Tal,
wie flimmert es nicht überall!
An allen Enden Schnee und Schnee;
es ist alles mir zu Ehren geschehen,
und wo ich gehe im weiten Feld,
sind Strassen gebahnt und Brücken gestellt."

Er sagt: "Ich bin ein frischer Mann,
ich habe ein luftiges Jäckchen an,
und rote Backen bis an die Ohren.
ein heiteres Auge und Duft im Haar,
keine Frostbeulen, keine Gliederschmerzen
und wo ich gehe, kracht der Schnee."

Er sagt: "Ich bin ein geschickter Mann,
schau wie ich überzuckern kann!"
Ich hauche, und an den Büschen hängt es,
und an den zarten Birken schwankt es.
Der Zuckerbäcker mit geschickter Hand,
mit Geld und Gut wäre dazu nicht im Stand.

Jetzt schau auch deine Fensterscheiben an,
und wie ich kleine Bilder kritzeln kann!
Hier hast du ein Blümchen, wenn es dir gefällt,
hier hast du einen ganzen Tannenwald!
Der Frühling könnte es nicht halb so gut,
es ist mit der Farbe nicht alles getan."

Er sagt: "Ich bin ein starker Mann,
und bezwing mich jemand, wenn er kann!
Der Förster wird steif vor Kälte auf der Jagd,
der Brunnentrag springt, der Eichenbaum kracht.
Die Frau Sonne mit dem Gesichtchen rund,
hat das Herz nicht, dass sie hervor kommt."

Es ist wahr, man weiß nicht, was sie treibt,
und wo sie alle Morgen bleibt.
Wie länger Nacht, wie später Tag,
wie besser dass sie schlafen mag,
und bliebe es bis um Zehn Nacht,
si käme sie erst, wenn es Elf schlägt.

Nein, hat sie es gehört? Dort kommt sie ja!
Man meint, es brenne alles lichterloh!
Sie steht in der kalten Morgenluft,
sie schwimmt im roten Nebelduft.
Zeig, hauche ein wenig die Scheiben an,
es ist, dass man besser schauen kann!

Der Nebel wogt auf und ab,
und die Sonne kämpft, sie lässt nicht ab.
Jetzt hat sie es gewonnen. Weit und breit
strahlt ihre Pracht in Herrlichkeit.
O schau, wie es über die Dächer wogt,
am Kirchenfenster, schau, wie es strahlt.

Der Januar setzt seinen Arm in die Hüfte,
er rückt am Hut, und schnellt in die Luft.
Der Januar sagt: "Ich fürchte dich nicht.
Komm, wenn du mit mir ringen willst!
Was gilt es, du wirst beizeiten gehen,
und nimmst deinem Bübchen nichts davon!"

Ja, es wäre wohl hübsch und lieblich so
im warmen Stübchen gefällt es einem schon.
Doch manche Frau, dass Gott sich erbarme,
sie nimmt ihr nackiges Kind in den Arm
sie hat ihm nichts um die Glieder zu tun,
und wickelt es mit der Schürze ein.

Sie hat kein Holz, und hat kein Brot
sie sitzt und klagt es dem Lieben Gott.
Gefriert Stein und Bein, wohl taut der Schmerz
noch Tränen auf im Mutterherz.
Der Januar ist ein rauher Mann,
er nimmt sich nicht der Armut an.

Geh, bring der armen Fischer-Lies'
ein Säckchen Mehl, ein Hemdlein weiß,
nimm auch eine Welle oder zwei,
und sage, sie solle auch zu uns kommen,
und Wähen holen, wenn ich backe,
und deckt ihr jetzt den Tisch allmählich.

 

 

 
The oil vapour is getting to the father.
You could put the lamp out,
and open the shutters. The morning light
is already looking in at the round knothole.
O look how cold and red
January stands on the mountains!

He says: "I am a favourite man,
the star in the sky laughs at me!
It glitters with pleasure and joy,
and if he has to leave, he is sorry;
He looks at me and can't help it,
and will come again in good time.

And below me in mountain and valley,
how it flickers everywhere!
Snow and snow at all ends;
it is all done in my honour,
and where I walk in the wide field
Roads are paved and bridges are built."

He says: "I am a fresh man,
I have a fluffy jacket on,
and red cheeks up to my ears.
A cheerful eye and fragrance in my hair,
no chilblains, no aching limbs
and where I walk, the snow cracks."

He says: "I am a skilful man,
See how I can sugar-coat!"
I breathe, and it hangs on the bushes,
and it sways on the delicate birch trees.
The confectioner with a skilful hand,
with money and goods would not be able to do it.

Now look at your window panes,
and how I can scribble little pictures!
Here you have a little flower, if you like it,
here you have a whole forest of fir trees!
Spring couldn't do it half as well,
it's not all done with colour."

He says: "I am a strong man,
and someone will defeat me if he can!
The forester gets stiff from the cold on the hunt,
the fountain jumps, the oak tree cracks.
The woman sun with the little face round,
has not the heart to come forth."

It's true, you don't know what she's up to,
and where she stays every morning.
How long the night, how late the day,
how better that she may sleep,
and stay till ten o'clock at night,
she would not come till eleven o'clock.

No, did she hear it? There she comes!
You'd think everything was ablaze!
She stands in the cold morning air,
She swims in the red scent of mist.
Show, breathe on the windows a little,
It's so you can see better!

The fog billows up and down,
and the sun fights, it won't let up.
Now it has won. Far and wide
its splendour shines in glory.
O look how it waves over the roofs,
at the church window, look how it shines.

January puts his arm on his hip,
he tightens his hat and leaps into the air.
January says: "I am not afraid of you.
Come, if you want to wrestle with me!
What does it matter, you will go in time,
and take nothing away from your little boy!"

Yes, it would be pretty and lovely that way
In the warm parlour it would be pleasant.
But some women, God have mercy,
She takes her naked child in her arms
She has nothing to do with its limbs,
and wraps it in her apron.

She has no wood and no bread
She sits and complains to God.
If stone and bone freeze, the pain thaws
nor tears in the mother's heart.
January is a rough man,
He does not take care of poverty.

Go, bring the poor fisherman's lily
A sack of flour, a white shirt,
take a wave or two,
and tell her to come to us too,
and fetch some wähen when I bake,
and set the table for her now.
 
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Übersetzung in Hochdeutsch: Hansjürg Baumgartner

Übersetzung in Englisch: DeepL (free version)