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Gedicht-übersicht
 

Aus dem Brief an F. W. Hitzig  Ende August 1812
 

   

 

 

„Auf, Ramsperger, entzeuch dich der Kleider, entrinkle die Sohlen,
schneide die Nägel ab, und tunke dich dreimal im Brunntrog,
dreimal im Brunntrog sprich: Im heiligen Namen des Proteus!
daß ich dich weihen möge dem hohen belchischen Zauber.
Salbe dich iez mit Dinten, und pud're die Locken mit Streusand,
Stell dich hinaus in die Nacht, den Blick zum Belchen gewendet
gegen Rötteln hinauf! Nach Rötteln walten die Zauber.
Schraubt den Dekan mir an ihr belchischen Mächte am Schreibpult!

Sei, Ramsperger, gefaßt, die Abentheuer beginnen
Fürchte nichts. Ich bin mit dir, und mit mir ist Proteus.
Wirble dich auf in die Höh! Es trette dein irdischer Leichnam
in das Gleichgewicht mit dem nachtdurchzogenen Dunstkreis!
Sey nur ein Stück der Nacht, du selbst, in Menschengestaltung,
und iez rück' in den Strom der Luft, der leise nach Süden,
an dem Kniebis dahin und über den Blauen hinaufzeucht!
Iezt im Wiesenthal halt, hoch über dem Pfarrhaus in Rötteln!
Und dort üben, o du, o Friesenegger, ich bitte,
halte den Odem an, und nieße mir nicht in die Zauber!
Schläfst du da unten so still am Busen der freundl. Däubin
armer Zenoides nun den Schlaf der müden Dekane?
Schlaf denn ein Stündlein noch, dann weckt dich der belchische Zauber.

Nimm iez Ramsperger dis Moos, und stopf es behend in die Ohren
daß dich nicht ertöde das Rauschen der nordischen Schwäne
die ich mit Zauber citire vom Nordmeer tausend mal tausend.
Schwäger und Schwägerinnen der Leda seit mir gegrüßet.
Schwinget die Fittiche nun in immer schnellern Schlägen
bis euch die Kiele entfallen, wie dürre Blätter dem Eichbaum
wenn der Novembersturm durch Ast und Wipfel dahinfährt.
Sieh Ramsperger wie's schneit, wie Fußhoch die grünende Erde
schon mit Federn sich deckt, und von dem Berg die Lawinen
glitschen nach Rötteln hinab, und Thumringen, verschüttet,
nur noch Dächer übrig hat und obere Fenster
Iez stell Boggen und Bütten und Züber so viel in dem Pfarrhof
Dicht sich reihen mögen und vor den Fenstern im Garten
siehst du nicht das Gewitter das schwere vom Belchen daherziehn,
siehst du die schwarzen Wolken mit Dintenstoffgase geschwängert
auf und melke die Wolken in alle Bütten und Boggen,
Iezt ihr belchischen Mächte, weckt mir den schlafenden Speci-
al mit Federstichen von frischgeschnittenen Federn
iagt ihn aus dem Bett und von der schlummernden Daube,
leuchtet ihm, biß es tagt, mit brennendem Siegelwachsflambeau
bindet das Bein ihm fest mit Federspulschnüren ans Stulbein —
iezt das andere auch — und also schreib er gefesselt
Dreimal der Stunden drei fort an in ieglicher Woche
Die von der Sonnenaxe sich abspinnt, und auf die Erdax
windet im ewigen Kreis, und dreimal schreib er drei Bogen
enggefügt die Lettern und aus der untern Zeile
in die ob're verfilzt, an seinen Parmenideus.
Iez Ramsperger heim! Schon ruft die Wachtel den Morgen.
Und Friesenegger du, dort üben nieße den Tag an.