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Am Karlstage
Die Kinder an den Vater
Wie wir vernehmen, hat die alte Zeit,
Die frömmer <war>, als unsre Zeiten sind,
Das Jahr mit allen dreimal hundert
Und sechzig Tagen, die die Sonne bringt,
An ebensoviel Heilige verteilt,
Daß sie der Tage Schutzpatrone wären
Und segneten, die ihres Namens wert
Den Namen führen, der sie ihnen weiht;
Und daß das ganze Jahr ein Reigentanz
Von Feiertagen wäre, die, umkränzt
Mit Blumenkränzen, bald in diesem Haus
Und bald in jenem frohe Einkehr hielten.
Wer nun der Heilige gewesen sei
Des heut'gen Tages, ob Herr Kaiser Karl
Der Große, ob Herr Karl von Borromeo,
Ein guter, herzlich guter Vater war er,
Nur lebend in den Kindern, sie in ihm,
- Wie könnt' er sonst ein Kinderheil'ger sein? -
Und spielte gern mit seinen Töchtern Brett,
Dauses und Zinke drei und alle Sechs,
Und muntre Scherze würzten stets das Spiel,
Und Liebe, Liebe machte alles schön —
Ein nachsichtsvoller Vater so wie du
Und seine Kinder glücklich so wie wir
Und fein und gut. Wir wünschen's auch zu sein! -
Die Gattin, gleichfalls eine Heilige
Und eine Mutter, wie es wenige gibt,
Nur glücklich in des Vaters heiterm Blick
Und in der Kinder liebevollem Sinn,
Trug im bewegten, seelenvollen Äug'
Einst einen Wunsch vor Gott. Er ward erhört.
Die Töchterlein, die feinen, wuchsen zwar
Mit den Gespielinnen der Zeit entgegen,
Der bösen - guten Zeit, die immer nimmt,
Indem sie gibt, und gibt, indem sie nimmt.
Ein einziges ward ihrem Aug' entrückt.
Die guten Mägdlein blieben Kinder stets,
Den lieben, guten Vater zu erfreun
Durch Unschuld, keuschen Sinn. Der Schutzpatron
Sah viele Jahre noch zu Jahren fliehn,
Wie an dem heut'gen Himmel rosenrot
Die lichten Wölklein ziehn mit Sonn' garniert,
Und blieb, in seiner Kinder Schar verjüngt,
Noch eines langen, schönen Lebens froh.
O, werd' dies schöne Los auch unser Teil,
Dich, Vater — o wie viel sagt uns dies Wort! —
Noch lange zu umarmen, zu erfreun.
Wir werden's! Seelen voller Blick trägt noch
Einmal den Wunsch zum Himmel auf und wird
Gewiß vom Himmel noch einmal erhört.
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