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AN MICHAEL FRIEDRICH WILD

   

Wenn alle Sünden so schön belohnt würden, wie meine astronomischen durch ein langes liebes Schreiben von Ihnen, verehrter und theurer Freund, mir belohnt worden sind, so wäre es kein Wunder, daß die Welt im Argen ligt, die schriftstellerische aber besonders. Es hat mir noch nichts mehr Mühe gemacht als diese astronomischen Aufsätze, theils weil ich über Manches, aufrichtig gestanden, selber nicht ganz im Klaren war, theils weil es ein besonderes Stück Arbeit ist, dem gemeinen Mann ohne alle Terminologie so etwas deutlich zu machen, was man selber nicht deutlich weg hat. Aber was war zu thun. Den Auftrag zur Fertigung des Calenders hatte ich. Böckmann hatte in den früheren Jahrgängen angefangen und versprach mir, mein Manuscript zu sichten, hats auch gethan, aber warscheinlich ließ er einige Unrichtigkeiten aus guter Meinung stehen, damit die Leser destogewisser sich überzeugen, es sey meine eigene Arbeit und was richtig ist, sey meine Weisheit. Da das Schatzkästl. schwerlich eine zweite Auflage erleben wird, so gedenke ich mich nach und nach im Calender, der ietzt herauskommt, selber wieder aufzulegen, und mein rheinländisches Lebensalter zu verlängern, und werde dankbar Ihre gütigen Belehrungen benutzen. Wiewohl ich glaube, in einigen Stellen doch nur gegen den astronomischen Sprachgebrauch, dessen höchste Bestimmtheit für die Wissenschaft so wichtig ist, gefehlt zu haben, aber dem gemeinen Leser verständlicher vielleicht geworden zu seyn.

Ich fange mit 13 an, auch den regirenden Planeten, dismal den richtigen nach dem 100jährigen C[alender] einzuführen. Aber in der Folge bringe ich große Confusion in dieses System, Sonne und Mond laß ich weg, bringe dagegen den Uranus und die 4 Weibsleute J[uno] V[enus] C[eres] P[allas] hinein, denn Weiberregiment, himmlisches heist das, ist nicht schlecht. Anstatt der Sonne muß zu ihrer Zeit die Erde die erste Probe machen, sich selber zu regiren und alles drunter und drüber gehn.

Daß Sie sich von dem Maßwesen loßmachen, lobe ich sehr, wenn ich mir die richtige Vorstellung mache, daß Sie das, was nur Sie thun konnten, gethan und geleistet haben und das mühsame, vielleicht großentheils mechanische Geschäft, Ihre Theorien und Pläne auszuführen, ein anderer auch verrichten kann, wenn schon nicht ieder, während Sie Ihre Muße neuen verdienstlichen Arbeiten für den Staat oder die Wissenschaft widmen und biß weilen ein freundliches Brieflein an Ihren Freund und Verehrer schreiben, der Sie herzlich hochachtet und liebt

J. P. Hebel             

Einen Schulmeister ins Elsaß weiß ich leider nicht aufzutreiben. Wegen des übrigen, wovon wir zu gleicher Zeit sprachen, ist ia auch etwas geschehen, wie ich mit einer Freude vernahm, die mit dem Gegenstand im richtigen mathematischen Verhältnis steht.

 H.                  

CR. 24. Merz 1812 

 

 

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