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AN FRAU WEILER

   

[Oktober 1810]           

Es ligt mir schon lange auf dem Herzen, theuerste Freundinn, daß ich schon, ich weiß selber nimmer wie lang, nicht an Sie geschrieben habe. Sie sind so gut gegen mich, und ich bin Ihnen so gut, und doch kommt man bald nicht mehr dazu, sich einen schönen guten Abend und einen freundlichen Dank zu bieten. Wenn man nur nicht eine so wichtige Mine dazu machen müßte, wenn man von seinen vielen Geschäften sprechen will, so möchte ich mich gerne ein wenig damit entschuldigen. Aber ich will nur so viel gestehn: Wenn ich so viel, zu thun und bisweilen auch so viel mitzumachen habe, daß mir nur kärgliche Zeit zum Schreiben übrig bleibt, so lasse ich oft die guten Freunde am längsten warten, zu denen ich das beste Zutrauen habe, von denen ich das beste Zutrauen erwarte, und denke, wir kennen uns ia. Sie werden sagen, diß sey die Maxime eines unartigen Freundes. Ich will wohl etwas daran gelten lassen. Ich will ia nicht Recht gegen Sie haben. Ich wollte mich nicht entschuldigen, sondern nur beichten und mich absolviren lassen. Und das thut Ihr frommes freundliches Gemüt ia gerne. Nicht wahr? — Empfangen Sie meinen besten freundlichen Dank für die Straßburger Pastete. Es ist mir alles so werth, was von Klein Straßburg kommt, selbst die Schachteln, noch viel mehr was darinn ist, noch vielmehr die Hand, die es hinein legt. Ich hab wohl gemerkt, wo sie herkam, hab sie auch mit guten Freunden draufhin freudig verzehrt. Aber eigentlich haben Sie es nicht thun sollen, zumal da Sie selber so viel Mühe damit gehabt haben.

Haufe's Geschichte macht mir schon lange Mühe und Sorgen, eigentlich schon von ihrem Anfang her. Er schrieb mir erst davon, als der Schritt geschehen und nichts mehr mit gutem Rath zu fruchten war. Ich verhelte ihm daher meine Meinung zwar nicht, daß man einem Beruf treu bleiben sollte, in dem Gott einem Brod und Frau und Kind geschenkt hat, indessen da der Schritt geschehen war, wollte ich seinen Muth durch keine Bedenklichkeiten niederschlagen. Auch hoffte ich wirklich, daß die dortigen Verhältnisse zu seinem Unternehmen günstiger seyn möchten, als mir bekannt sey. Leider scheinen die neuen Ereignisse und Dekrete diese Hoffnungen nicht sehr zu rechtfertigen. Was mich einiger maßen beruhiget, auch wenn dieses Unternehmen scheitern sollte, ist das Zutrauen zu seiner Geschicklichkeit und zu seinem Verstand, wenn er einmal gewitziget ist, und ich kehre zu meinem ersten Trost zurück, den ich m dieser Sache faste, daß gerade die unsichern Zeiten auch diejenigen sind, in welchen dem Muth, dem Talent und dem Glück alles gelingen kann.

Auffallend ist es mir, daß ich aus Ihrem Brief schließen muß, er sey selbst der Unternehmer. Wie er mir mündlich sagte, wäre er nur der Dritte in einer Societät. Der eine davon, und wie es mir schien, der Hauptunternehmer wäre ein gelernter Fabrikant in diesem Fach und zu der Solidität und Besonnenheit des andern habe ich so viel Zutrauen, daß mich auch das in etwas beruhigt.

Ich möchte Sie gerne bitten, mir bisweilen Nachricht über die Angelegenheiten unserer Freunde zu geben, über die ich sie nicht selber fragen mag. Ich hätte dabei noch den schönen Gewinn neben her manches Liebliche von Ihrer Freundschaft zu hören. Aber ich darf es Ihnen nicht zu muthen. Sie schreiben mir auch gar nichts von Ihrer Gesundheit, an der mir so viel gelegen ist, auch nichts von Daniel, den ich so lieb habe. Fast sollte ich mit Ihnen zanken. Aber nein. Man muß im Frieden schließen. Leben Sie vergnügt und wohl. Ich bin mit herzlicher Freundschaft

 Ihr ergebenster       H.                 

 

 

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