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AN SOPHIE HAUFE

   

Ich frage bei Ihnen an l.(iebe) Freundinn, ob Jemand in Kl Straßb. noch ein unbeschrienes Exemplar des rheinländischen H.F. brauchen kann z. B. mein Minister der schönen Wild- und Rheinkünste, und wie ich überhaupt die Exemplare übersenden soll, da mir die neuesten Königlich französischen Gesetze, die Calendereinfuhr betreffend, bis aniezt unbewußt.

Meine Feder ist euch ungetreu worden liebe Freunde, aber mein Herz liebt euch wie ie und immer. Ich verändere mich nicht, aber die Bestie die Feder ist so eitel und preciös geworden, daß sie nur noch zu Entwürfen von hohen Ministerial-Erlassen, Visitations-rescripten, abschlägigen Antworten auf Gratialgesuche und Thränen der seufzenden Creatur etc. etc. Zeit haben will. Sonst hätte ich schon früher Ihnen und Schneegansens für die so freundliche und liebe Einladung gedankt, was ich iezt nachhole, und — wie gedankt? — Ich wäre gekommen, und hätte wieder einmal einen schönen colorirten Kupferstich in meinen einfältigen Lebenslauf hineingelebt, will mirs aber mit Gutheißen euerer Liebe auf den nächsten Jahrgang vorbehalten.

Eisenlohr wird Ihnen gesagt haben, daß man mich in mein neues Amt hineingezenselt hat, und als ich es angetretten hatte, hat man mir das alte nicht abgenommen. Es ist ein großes Zutrauen zu meiner Kraft, zu meinem guten Willen und zu meiner Einfalt. Vielleicht hat man mir auch zugetraut, weil ich damals den Calender noch schrieb — in Zukunft schreib ihn wer will — es komme auf mich an, mir einen Privatkalender zu machen, in welchem die Sonne bei Nacht auch scheint, und die Kinder in meinem Zeichen gebohren, mit 2. Köpfen denken und mit 4. Händen schreiben können. — Nein, Kinder in meinem Zeichen gebohren, wenn sie sonst so ordentlich wie ich sind, haben blos das Gute zum Voraus, daß sie viel schöne Briefe von ihren Freundinnen bekommen wenn sie schon nicht viele an sie schreiben können.

Ich bitte Hn. Schneegans mir ein Verzeichniß der Grasarten zukommen zu lassen, wovon er wünscht Samen zu erhalten, und an diesem Brief nebst seiner Gattinn freundlichen Antheil zu nehmen. Seien Sie alle herzlich gegrüßt, glücklich und froh.

          J. P. H.        

26. Nov. [18]14 

 

 

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neues Amt: Hebel war Mitglied der evangelischen
Kirchensektion geworden.
hineinzenseln: hineinlocken.

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