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AN SOPHIE HAUFE

   

[15. Februar 1811]       

Ich will die Storken nimmer klappern hören, Frau Gevatter, die doch nahe sind, wenn ich seit einem Vierteliahr einen Brief geschrieben habe, den ich nicht mußte, und am lezten Tag an welchem ich mußte. Aber Ihr seid wohlgezogene Kinder, das muß man euch nachrühmen. Ihr redet nie, wenn man euch nicht heißt, und wer euch nicht das erste Wort gibt, bekommt gewiß nicht das zweite. Ich weiß zwar nicht, ob ich diesen witzigen Gedanken nicht schon einmal angebracht habe. Man hat soviel, daß man die alten und neuen nimmer von einander unterscheiden kann.

Aber wenn ihr mir glaubtet, ich habs euch zwar noch nie gesagt, aber man sollte auch ein wenig aus der Seele herauslesen, oder wenn ihr überhaupt glaubtet, nicht gerade mir, sondern euch, oder euern Kindern, oder den Sternen am Himmel und am Münster, wie sehr ich an euch denke, und was für Aussichten ihr habt, und was für Wind auf euerm hohen Meer, so hättet ihr mir schon lange geschrieben. Ich habe selbst am Herr Lotzbeck, der hier ist, keine rechte Freude, weil ihr mich fremd mit Straßburg machet. — Drum liebe Frau Gevatter, fangen Sie nur den Brief an, nur 3 Zeilen, oder iz oder 100, hernach wird der Mann schon fortfahren. Er muß. Und dasTöchterlein Nro. 1 könnte den Schluß machen mit einem Kirschenhoken, und Nro 2 mit einem Dolken.

               Polymeter:

Mache immerhin große Dolken kleines Händlein. Je größer du wirst, desto kleiner werden sie. Zulezt bringst Du's soweit, daß 5 Düpflein auf einem I Platz haben. Und wenn du einmal aufhörst, an deine guten Freunde und an den Pathen deines Schwesterleins zu schreiben, so brauchst du gar keine mehr zu machen. Grüße mir deine Eltern und lege dich recht warm an deiner Mutter Brust. Sie ist meine gute Freundinn

H.                    

 

 

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