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AN SOPHIE HAUFE

   

Meine liebe Frau Sophie!

Ich will Sie doch auch einmal mit meiner Schlauheit, die zugleich etwas galantes hat bekannt machen. Wenn ich nemlich etwas zu schreiben weiß, so schreib ich an Ihren Mann, wenn ich aber nichts zu schreiben weiß, so schreib ich an Sie. Dismal weiß ich nichts zu schreiben. Das Feine und Obligante an der Sache wird Ihrem Scharfsinn nicht entgehen. Ihnen schreibe ich blos, um Ihnen zu schreiben. Solche Briefe sind die uninteressirtesten, bisweilen auch antesten, was freilich nicht zu läugnen ist, wenn anders ganz uninteressant seyn kann, was wie dieses aus blosem Trieb der Freundschaft und Liebe geschieht. Nächst dem gibt sich der Stoff zum Schreiben von selbst, wenn man an liebe Frauen schreibt, wie wirklich der Fall ist. Man kann mit ihnen ab einer kleinen Kunkel einen langen feinen Faden spinnen. Männer unter sich, müssen schon viel Werg aufzustecken haben, weil wir untereinander nur Bindfaden trillen, wie folgende Commission ein Beweis ist, die ich um des Beispiels willen mit in die Spule will laufen lassen. Ich ersuche nemlich meinen wohlbetrauten Reichspostmeister und Erzkanzler durch Gallien und das Königreich Arelat angeschmiegtes Schreiben an unsern königlichen Wild und Rhein Modelstecher Hegi unverzüglich zu befördern, sich bey dessen Mutter zu erkundigen, ob ihm Unsere bisherigen Erlasse zu Händen gekommen seyen, und sie zu einer Auskunft über seinen Aufenthalt zu vermögen. Ich bin in der größten Verlegenheit, da er noch nichts gelifert, und noch mit keiner Sylbe sich erklärt hat, ob er die lezten Aufträge erhalten und angenommen hat, und worauf wir uns verlassen können. Unterdessen steht der CalenderDruck in Rastadt, der zu 30,000 Exemplaren viel Zeit erfordert, still, und die Erndte geht schon in die Scheuer, und die Träublein in Mittelhausbergen sind schon weich, und die Witterung kühl, so daß ich bereits wieder Winterkleider trage, und dis Jahr schwerlich mehr zu einer Streckreise nach Griesbach komme. Daß ich in Baden war, werden sie von H. Münz erfahren haben, daß ich nicht droben war, ebenfalls. Ich bitte Sie und das Taufmäuslein meine Versöhnerinnen bey ihm zu werden, wenn er eine Feindschaft sollte auf mich geworfen haben. Lezteres soll nichts dabey zu thun haben, als ganz entsezlich zu weinen. Dis kann es seinem Pathen schon zum Gefallen thun, der ihm wünscht, daß es in seinem ganzen Leben keine andere Ursache mehr zum Weinen finden möge, und dismal nur, wie die schlauen Mägdlein pflegen, aus Verstellung.

Man kann die feinen weiblichen Künste nicht früh genug einstudiren, und ich wünsche, daß es meinem Mäuslein an keinem Theil der eleganten Bildung fehlen möge. Seit ein par Tagen bin ich viel mit einem Miniaturmaler von Großstraßburg in Gesellschaft, der aber nichts von euch weiß, und daher kein Interesse für mich hätte, wenn er mich nicht versicherte, daß er viel in Baldners Garten gehe. Ich hab' ihm euere Physiognomien auf den Tisch gezeichnet. Bald werden Sie einen zahlreichen Besuch von Landsleuten aus Freyburg und Rastadt bekommen. Diese Leute haben in Polen einen so soldatischen Muth und Geist bekommen, daß sie absolut nach Bayonne wollen. Nun noch ein wenig Bindfaden, damit das Ganze besser hebt. Der Trauschein von Oehringen ist noch nicht zurückgekommen. Man sagt es sey noch zu bald ein Erinnerungsschreiben abgehen zu lassen. Wir wollen also wünschen, daß er noch ein par Monate ausbleibe.

Meine herzlichen Grüße bey H. Münz, im Schneegansischen und Weilerischen Haus.

Daniel soll noch ein wenig Geduld haben, bald werde ich ihm schreiben. Ich bin mit herzlicher Liebe

Ihr ergebenster Freund       H.           

d. 27. Juli [1808]

 

 

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