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AN SOPHIE HAUFE

   

[Januar 1806]          

Plakat.

Peter I. v. G. Gnaden Wild und Rheinkönig zu Assmanshausen und Caub etc. etc.

Angesehen, daß

1. Unsers Herrn Vetters Liebden zu Würtemberg sich bewogen gefunden haben, den Glanz ihres Hauses durch Annehmung des königlichen Titels zu erhöhen,

2. daß unsere beiden Gravschaften A. und C. von den Wellen des Rheins nicht nur benezt, sondern auch öfters überschwemmt werden,

3. daß die bewährtesten Stammtafeln unsere Abkunft in den Schos der Wild- und Rheingrävlichen Familie zurückführen

so haben wir beschlossen, nicht nur

1. den Titel eines Wild- und Rheinkönigs zu A. und C. anzunehmen, und unsere bisherigen Landstände in Gnaden zu entlassen, sondern auch

2. unsern bisherigen Minister der äußern Angelegenheiten etc. zu einem Wild- und Rheinminister, und Intendanten der schönen Wild und Rheinkünste zu erheben

 etc. etc.

(L. S.)                                                                                         etc. etc.

Ich gratulire Ihnen meine liebe Frau Sophie zu Ihrer abermahligen Standeserhöhung, durch welche Ihnen iedoch nur ein Theil von dem widerfahrt, was Ihr Amts und Berufseifer verdient. Denn ich gestehe, daß ich lieber Stadtmeßner in Carlsruhe, als mein Minister seyn möchte. Denn dieser hat doch nicht immer zu läuten und zu laufen, und wenn ers thut so weiß er warum? Mein armer Minister hingegen wird zwar wohl seines Lebens wegen der Ehre, aber desto seltener seines Sessels froh, und der Dank für alle seine Mühe ist nicht weit her, höchstens 16. Stunden, über Lauterburg und Hagenau aber zwanzig. Diese Gelegenheit ist aber seltener. Auch muß ich bekennen, daß Sie denken werden, es wäre einmal Zeit über diese Assmanshausische Ministercomödie den Vorhang fallen zu lassen. Denn als ich auf meiner lezten Reise den Gotthardsberg und Airolo bereits hinter dem Rücken hatte, und meine Begleiter noch immer an dem Knochen eines Späßleins von Rastadt her nagten, was sie auch bis wieder nach Rastadt fortsezten, so sprach ich endlich: Es freut mich liebe Kinder, iedoch nicht unendlich, (wie viele Leute alles freut, anstatt zu sagen, unanfänglich) daß ihr lustig seyn und lachen möget. Aber fangt doch um Gottes willen von etwas anderm an, denn es sieht gar zu geistesarm und iämmerlich aus, wenn man nur Ein Späßlein im Vorrath hat und sonst nichts weiß. So hab ich gesagt; allein aber meine liebe Frau Sophie, wenn es Ihnen über kurz oder lang einfallen sollte mir ebenfalls zu rathen, daß ich doch ein mal diesen Spaß mit einem ändern vertauschen wolle, so mach ich Sie mit Einem Wort verstummen, wenn ich Ihnen sage: Es ist nicht Spaß, sondern Ernst wie ich iezt gleich beweisen will.

Ich ertheile Euch hiemit den Auftrag mein lieber Wild und Rheinminister, daß Ihr

I. von meinen mitfolgenden zwey schwarzen Ebenbildern eines für Euch behalten, und zu seiner Zeit vornen in die neue Ausgabe der a.[llemanischen] Gedichte pappen, das andere aber nebst meinen tausend Grüßen in das Schneeganssche Haus für das leere Rähmlein abzuliefern. Ich bin mit Bocksleitner sehr unzufrieden. Er hat besser Papir nehmen und mich schöner abbilden sollen. An Maiestät und gebieterischem Wild und RheinErnst scheint es meinem Profil nicht zu fehlen. Ich werde noch zu Ehren Sr. Liebden Kayser Jakobs I. von Haity mein eigen Gesicht schwarz anstreichen lassen.
Der Zundel soll auch noch kommen. Der Wild und Rheinkönig ist nicht vergeßlich, nur nachläßig.

2. sollt Ihr Herrn Cammerer nebst meiner Begrüßung erfahren lassen daß ich ihm für sein gefälliges Anbieten wegen des Verlags der all. Gedichte 2ter Theil sehr dankbar sey, und es in gutem Andenken behalten wolle. Für iezt ist es noch zu ungewiß ob und wann ein zweiter Theil folgen wird, als daß ich ihn schon mit Vorschlägen darüber behelligen möchte. Einsweilen habt Ihr ihm das Patent eines Königlichen privilegirten Hofbuchhändlers und Buchdruckers in A.[ssmanshausen] und C.[aub] auszufertigen, und zwar unentgeldlich.

Man hat wenig Beispiele, daß Könige Verse machen können. Doch nennt die Geschichte den Tyrannen Dionysius I. von Syrakus, und den König David zu Zion, unsers Herrn Vetters Liebden. Dem König Friedrich von Preußen hat sie Voltaire gemacht.

3. Habt ihr mitfolgenden Brief an H. Stöber gefällig zu besorgen, und unsern lieben Freund Pf. Franz mit Bezeugung meines Bedauern wissen zu lassen, daß ich in meinen Bemühungen für Herrn Brion noch nicht glücklich gewesen sey, und meine nächste Hofnung noch auf einen braven iungen Mann setze, der den blutigen Feldzug nach Braunau mitgemacht hat, und nächstens zurückkommen wird.

4. Sollt ihr gesund und froh einem schönen Frühiahr und den schönsten Freuden und Hofnungen des Lebens entgegen schauen, dem Wild und Rheinkönig gewogen bleiben, und mir erlauben folgendes noch an Euern Herrn Ehegemal ergehen zu lassen.

Ich sehe mit großem Vergnügen mein Theuerster, daß Sie nicht nur ein guter Mensch und Freund, sondern auch ein interessanter Nachbar seyn müssen, indem nach Ihrem Zug auf den Fischmarkt der Kirschner J. P. Walther es mit seinem Pelzwerk und Granadierkappen in der Meisengaße auch nimmer hat aushaken können, sondern Ihnen auf den Fischmarkt in Nr. 66 nachgezogen ist, wie Sie erfahren können, wenn Sies nicht wissen. Aber ein vortreflicher Gatte müssen Sie erst seyn, wie ich aus der schönen Ueberraschung schließe, die Ihnen Ihre Gattinn mit dem Da Capo des Lanquedokers gemacht hat. Sie sind ein glücklicher Mensch, denn Sie haben ein edles Weib gefunden. War ich ein Ehemann und Patient, so ließ ich mich durch solche zarte Gattenliebe von aller meiner Hypodiondrie aus dem Fundamente heilen, und sagte: Allertheuerste Frau Doktorinn und Frau! Ich bin heiter und kerngesund. Du wirsts finden. Aber den edlen Lanquedocker wollen wir nicht verschmähen, sondern mit einander trinken, und ich den meisten.

Auch der blutige Braunauer (Vikar Dietz) will nicht nach dem Elsaß wandern. Sagen Sie Freund Frantz, daß ich keine Hofnung mehr habe. Doch schreib ich noch an Beck nach Müllheim.

Treiben Sie doch an Simon! Wir sind in der größten Verlegenheit. Was soll das werden?

Herrn Cammerer könnte ich wohl bezahlen. Aber ich will ihn vorsichtig machen, daß er nimmer so leichtsinnig credidirt.

 H.               


Unmöglich kann ich mehr an H. Stöber schreiben. Ich habs früher thun sollen.

 

 

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