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AN MARIE KAROLINE SCHNEEGANS

   

d. 25 st. [März] 1809         

Ich mache Ihnen meinen Kindbett Besuch, Mutter des kleinen Gustavs, den Gott segnen und Ihnen zum gesunden und frommen Sohn erziehen wolle, ich nehme herzlichen Antheil an Eurer Freude und an Eurem Glück. Gerne hätte ich's zwar gesehen, daß Sie meiner Taufpathe, die Sie siebenmal für mich küssen wollen, ein frommes Schwesterlein zur künftigen Gespielinn geboren hätten, und es ist mir bereits bange, wie das arme Kind es seiner Zeit mit so viel Buben durchfechten wird. Ich werde ihr rathen mit den 2 iüngsten einen rheinischen Bund gegen den rüstigen August zu schließen, und wollte mich schon ehe er existirt, zum Protektor desselben erklären, wenn ich nicht wüßte, in welcher guten mütterlichen Protektion Ihre Kinder alle sind. Doch behalte ich mir vor, von Zeit zu Zeit, und ungewarnt kleine Hausvisitationen anzustellen. Dismal jedoch, lieber Herr Gevatter, dürfen die zwei größern es schon dann und wann wagen dem Schwesterlein den Meister zu zeigen; denn viele Geschäfte hindern mich an der Erfüllung meines liebsten Wunsches, Euch zu sehen, und einige Tage froh und glücklich bei Euch zuzubringen. Ich gehöre jetzt nicht nur zu den Schulmännern, sondern auch zu den Geschäftsmännern, die eigentlich nie Ferien haben. Ich habe Herrn Haufe nur die gröbsten handgreiflichsten Abhaltungen erwähnt, ohne die 100 kleinen Fäden, die mich umwinden, mit in den Eintrag zu bringen. Ich fühle den Schmerz des Strichvogels, jeden schönen Morgen, der nicht fort kann, wenn seine Zeit kommt, nicht einmal aus dem Käfig hinaus ins Freie, und das ist alles gesagt. Doch denke ich, ihr denket an mich, wenn ich schon nicht bei Euch bin, und schaut ie einmal nach dem Dohlen umflogenen Münster hinauf, wenn ich schon nicht droben stehe; und begleitet mich ie einmal oder sieben in Baldners Garten, wenn ich schon nicht hinaus gehe. Ich will nicht wieder ausstreichen, was ich so eben Überzwerg geschrieben habe, es ist ein eingemauertes Denkmal, daß ich mitten im Perioden durch eine Abrufung unterbrochen wurde; aber schließen will ich, ehe die zweite kommt, und ich gar in Gedanken alles noch einmal schreibe, was ich schon geschrieben habe. Entschuldigen Sie mich bei Mad. Weiler, und Daniel, daß nicht auch ein Brieflein für sie, beiliegt; und grüßen Sie mir beide und alle aufs beste. Nächstens werde ich auch diese Schuld tilgen, und hoffe bald eine neue, dort und bei Ihnen zu bekommen. Möge Ihnen der Frühling und die Welt und das Leben immer heiter und freundlich lachen. Herzlich

Ihr ergebenster      Hebel        

 

 

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