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AN DANIEL SCHNEEGANS

   

[Mitte — Ende Januar 1807]           

Mein Herr Gevatter Schneegans!
So will ich. denn dranhin, wann's
Gelingen will mit Vers und Reim,
Denn was ist süßer als Honigseim?
Ihr werthes Schreiben hat mich zwar,
Früh aufstehn macht die Augen klar,
An sich erfreut, wie's billig ist,
Viel Unfug treibt der Antichrist.
Doch was den wackern Müntz betrifft,
Verläumdung ist der Freundschaft Gift,
So hat es mich gar sehr getröstet
Der Trübsal Hitz, den Hochmuth röstet,
Daß er aus der Verläumdung Wolke,
Der Krieg bringt schwere Last dem Volke,
Hervorgetreten, sonnenklar,
Wie's gar nicht anderst möglich war.
Die Unschuld, Freund, gemahnt mich fast,
Als wie der lieben Sternlein Glast,
Wenn in des Wasgau's tiefen Schluchten,
Die Wolken sich auf Wolken schichten;
Die Nacht bricht an, in hellem Schein
Der hohen Lichter groß und klein,
Dann wölket sich das Firmament
Von einem bis zum andern End.
Viel bald der goldnen Lichter Glanz
Verhüllt sich und verschwindet ganz.
Ein schwarzes Meer hangt überhin
Und feurige Fische schwimmen drin.
Der wilde Seedrach schlägt die Flügel
Laut donnernd über Thal und Hügel,
Anbei ergeht des Windes Brauß
Und löscht euch die Laternen aus,
So künstlich aus Papir gedreht,
Falls ihr vor Tag nach Hause geht.
Ihr tappt im Finstern hin und her,
Als ob noch etwas anders wär.
Ihr seht das nahe Münster nicht,
Wie öfters ohne das geschieht,
Und meint dis sey die letzte Nacht,
Aus der der Jüngste Tag erwacht.
Allein die Sternlein ohn Entsetzen,
Sich dennoch oben still ergötzen;
Viel Dunkel Euer Aug umflort,
Dieselben aber scheinen fort,
Und bis ihr an dem Hofthor tappt,
So fern ihr's noch gefunden habt,
Scheint euch wie Demant und Topas
Der Aldebaran auf die Nas,
Und wirft sein strahlend Haupt empor.
So kommt's mit dem Herrn Münz mir vor.
Selbst Fürsten haben gleichen Brast.
Dem Meinigen es gleichfalls fast,
Also ergieng vor lützel Zeit
Mit meiner eigenen Wenigkeit.
Denn als er zu mir sagen thät:
„Ich hör sein Sinn nach Freiburg steht;
„Bleib er hieniden, wenn's beliebt,
„Allhier es auch noch Batzen giebt,"
Bald hieß es in der ganzen Stadt:
„Der Hebel wenig Gönner hat,
Absonderlich der Churfürst ist,
Ihm gar nicht grün zu dieser Frist;
Ist sonnenklar! Der leichte Spatz
Muß machen einem andern Platz
Und während dieser Ernte hält,
Der Nachles' pflegen in dem Feld."
Fürwahr das hätt' mich baß vexirt,
Hier ist ein Vers verneglischirt,
Soll heißen, wenn's euch nicht genirt,
Und an dem lieben Herren geirrt.
Ist nicht also! Das Blättlein thät
Sich wenden. Goldene Dachtrauf geht;
Und mancher der erst zu mir sprach:
„Mich schmerzt wahrhaftig eure Schmach"
Denkt jetzt in seinem Herzen wohl:
Den Hebel grad der T ..... hol!
So geht es hier in Carlisruh
Herr Schneegans, ihr seid still dazu!
Denn etwas ist erdichtet dran;
Der Reim schließt manchmal lieber an
In leichter Lügen Wassersol
Als in der Wahrheit Alkohol.
Ich will den Spaß euch ohne Fehlen
Noch vor dem iüngsten Tag erzählen,
Vielleicht schon wenn der May erwacht,
Und lieblich hinter den Mauern lacht,
Die Malven und der Wegerich sprossen,
Das Eisenkraut folgt unverdrossen
Und in der balsamreichen Luft
Wohl in des Gänsfuß seltenem Duft
Flottirt der Käfer hin und her,
Als obs für ihn allein so war;
Mir aber geht in meinem Lauf
Ein neuer FreudenMorgen auf,
Wenn freundlich liebend und geliebt,
Mein kleines Straßburg mich umgiebt.
Euer Weiblein geht an meinem Arm,
Herr Schneegans habt des keinen Harm;
Den Knaben will ich ohn Geniren
Wohl auf dem Stecken vorkutschiren,
Doch euer fettes Töchterlein
Ist 14 Tag lang einzig mein.
Wir schlendern hin, und schlendern wieder,
Bald singt Frau Sophie fromme Lieder,
Und stimmt sich Scherz zur Wehmuth ab,
So suchen wir ein stilles Grab,
Das eine theure Asche deckt,
Bis sie das neue Leben weckt;
Wir opfern eine Thräne ihr
Wir sprechen: Friede sey mit dir.
Und blicken dann zum Himmel auf;
Dahin geht unser aller Lauf.

J. P. H.                    

 

 

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