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AN DANIEL SCHNEEGANS

   

Le 10 Ventose [März 1806]        

Bravo, ihr vortrefflichen Schauspieler, und ungeschickte Rechenmeister! Ich applaudire euch von ganzem Herzen, und meinem Pathen, der kleinen Henriette, obgleich sie zu früh auftrat, zweymal. Was kündigen wir nun aufs nächste mal an? Etwa: Er kommt oder die Reise nach Straßburg? Dieses empfindsame Drama ist zwar schon zwei mal gegeben worden, aber doch noch nicht 68 mal hinter einander, wie Kotzebue's Menschenhaß und Reue in Paris.

Aber mein Lieber, wir behandeln eine schöne, und ich darf sagen eine so ernsthafte und heilige Erscheinung, wie die Geburt eines Kindleins ist, fast zu muthwillig. Möge das Ihrige, oder weil ich sein Pathe bin, das unsrige, an der Hand eines freundlichen und frommen Schutzengels in die Welt gekommen seyn, der ihm den zarten Sinn seiner Mutter, und den ruhigen seines Vaters ins Herz legen, und in die weiße Unschuld seines Lebens viel Rosenroth und Himmelblau mischen möge. Die schöne Ansprache, die Sie mir als Pathen an die kleine Welt und Reichsbürgerinn gönnen, gibt mir wie natürlich große Freude; und möge ich, wenn die Qsterwinde wehen, sie alle gesund und froh, und die liebe Wöchnerinn gestärkt und lächelnd, ob ihrem gedeihlichen Töchterlein antreffen, denn ich komme, wenn möglich, und dies Möglich heißt nur so viel, wenn keine Gottes oder Herrn Gewalt dazwischen tritt; denn wenn ich auch in's Oberland gehe, wie ich eigentlich sollte, so ist Straßburg auf dem Hin oder Heimzug, wie es Ihnen am bequemsten ist, nicht aus dem Weg, und ein par Tage später hin, oder früher her auch nicht, denn ich habe im Oberland nur 4 Menschen, zwei in Weil, zwei in Rötteln, und ein Dorf voll in Hausen zu sprechen.

Lassen Sie mir nur die Zeit bestimmt wissen, wann Sie mich brauchen können, damit ich Ihnen, wo möglich einen Tag zu früh kommen könne. Geh ich nicht ins Oberland so hab ich in den Ferien gar nichts anders, und auf keinen Fall, etwas freudigeres zu thun, als wozu Sie mich einladen.

Meine herzlichen Empfehlungen und Grüße in Ihrem Haus, rechts und links, und auf Ihrem Hof, diesseits und ienseits.

Ihr ergebenster Fr.    Hebel         

 

 

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