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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

Vom 25 ten May [18]15          

Ich rathe dir, o Zenoides, die Klage gegen den Siglin in Fischenberg oder die Anzeige, wenn sie nur mündlich geschah, dir schriftl. geben zu lassen und mit Gutachten einzuschiken.

Wahrscheinl. wird Bürklins Stelle in L[örrach] vacant, S[an]d[e]r mit dem ich wegen Lödig sprach, rathet in diesem Fall soll er eine Meldung an Pf. Eisenlohr eingeben, dieser sie mit Bericht an das Dekanat Lörrach zur Einsendung übergeben.

Die Klagen und Vorstellungen gegen die Unzuchtsgesetze werden schon lang aus den Synodal und Visitationsprotocollen und Berichten extrahirt und ad fasciculum gegeben, um wenn sie aus den meisten Gegenden beisammen seyen mit kräftigen Vorstellungen höhern Orts vorgelegt zu werden. Dies würde ohne Zweifel schon geschehen sein, wenn man nicht von dem unglückl. Congreß den Ausgang erwarten wollte in der Hoffnung daß der ganze Codex abspaziren würde, dieses heillose Gesetzbuch voller Impfungsmaterie fremder Laster. Aber benutze du ia die erste Gelegenheit die schreckl. Folgen dieses Gesetzes bei der I ten Gelegenheit ebenso lebendig und kräftig wie in dessen Appendix wieder zur Sprache zu bringen,

Der Verfasser ienes Specialrescripts war Ewald.

Lange befürchtend daß durch das System der Culturgesetze und ihre planmäßige Anwendung endlich auch der freie aus sich selbst gebildete Charakter unserer Neuenweger möchte gesänftiget und humanisirt werden, ward ich durch das Visit. Protokoll auf das Angenehmste überrascht. Nein sie sind sich noch unverloren, und wir wollen diese Lieblinge des , diese Blutsverwandten des Bäbi und Müti schützen bei ihrer wohlerhaltenen Natur und Freiheit, erstens als Proteuser, zweitens um des Alterthums und Urkarakters willen, mit denen sie in ihrem Gleichgewicht dastehen, wie man gern von allem alten etwas als Muster und Zeigstück in der neuen Zeit aufbewahrt und schont, z. B. Schlösser, Rastadter Masbouteillen, Doppelhacken etc. und nicht gleichgültig bleibt, wenn ein Haus abgebrochen wird, woran die Jahrzahl 1423 steht. Es hat mir schon oft trübe Stunden gemacht, daß warscheinlich nach der Auferstehung der Todten so viele alte merkwürdige Grabsteine und Inschriften werden verwahrlost werden und zu Grund gehn, ia die Erde selbst, ihre eigene und älteste Anticke, trotz daß sie sich alle Frühlinge, wo alles schön und iung seyn will grün anstreicht und nach ächter Sitte des Orients, wo sie her ist, in grellen Farben bunt mahlt. Ia ich habe schon gedacht, ob das, was wir ihre Erschaffung nennen, nicht schon ihre Einweihung zur Anticke war, wo bereits Palmen und Tannen und Carpinus Betulus Lin. auf ihr wuchsen, wie auf ihren Felsen das Moos, und Myosotis Scorpiodes und Rosen, welcherley beide ein Topf voll vor mir steht, wie Schimmel und ob nicht die Elefanten, Giraffen und Berghasen etc. etc. hauptsächlich aber die Maulwürfe, Hamster, Pflüger, Steinhauer, Schanzgräber und Erzgräber die Milben seyen, die bereits an ihrem Untergang nagen. Wenigstens behauptet Profess. Kielmaier daß die Organisation eine Krankheit der Erde sey, woraus ich weiter schließe, daß Geschwüre und andere Hautausschläge eine Krankheit der Krankheit folglich eine Gesundheit seyen, was mit der Meinung vieler Pathologen übereinstimmt.

General Franken ist bereits wieder hier. Er war an Wellington abgesendet. Man erwartet einen Gegenbesuch von dem König in Wirtemberg. Der G. H. machte ihm von hier aus nach seiner Rückkunft einen Besuch nach Stutgard. Beide sollen sich in Wien sehr gut gegenseitig angenommen haben. So bringt sehr oft erst die Ferne Nachbarn sich näher.

Meinen besten Gruß deinem Hause. Gottes Schutz und Segen!

Ewig Dein arm.           

 

 

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