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[13. April 1811]
Ich stech o Zenoides aus meinen Ferien, ia zwischen dem Charfreitag und
Ostern
einen Tag heraus zum Briefschreiben, und des Tages lieblichste Stunde und
das erste Pfeiflein dazu, für dich, auf daß gleich wie die Glocken heute
in Rom sind, oder dermalen vielleicht in Savona, oder Nizza, oder wo der
hl. Vater seine lange Carwoche ohne Ostern hält, also ich auch in meinem
Miniatur Italien, in meinem Römlein, in deinem Tusculum, in deinem Tivoli
mich erluste und ausläute, und getauft werde in den Armen und am Busen der
Freundschaft mit Belchenäther und Wiesenduft, und Schlüßelblümleinshauch
aus dem Röttler Wald. Solcher Nothtaufen o Zenoides bedarf ich immer mehr.
Denn alles Heilige will mich verlassen, und bald vergäße ich, daß ich
hier, wie bekanntlich die Türken in Europa, nur kampire, und dem heiligen
Boden des
angehöre, wenn er mich nicht durch Creutz und Trübsale erinnerte,
daß ich hier nur in der Fremdlingschaft und in einer egyptischen
Ziegelhütte metzge. Deine Theilnahme an meinem Elend ist mir ein Tröstlein.
Den ganzen Tag auf dem Catheder sitzen, ist ein Feyertagsleben, ein
Ostermontags Späßlein, nach dem ich mich zurücksehne. Aber daß ich über
den heillosen Mechanismus des Ganzen wachen muß, daß sich mein Museum,
meine Proteuskapelle in eine Canzleistube verwandelt hat, wo ich den
ganzen Tag Berichte schreiben, Buch und Rechnungen führen, Red und Antwort
geben, Akten durchgehen, Süddeutsche Miscellen censiren, statt daran zu
arbeiten, examiniren, castigiren, Zeugnisse fertigen, mit allen Vätern
aller Kinder des Lyceums correspondiren muß, das lehrt mich den Sinn der
Worte verstehen: „Ich sterbe täglich." Soll ich den Pult umstoßen? Soll
ich — Ein Bein hab ich daran. Hab ich dazu Thau auf dem Belchen getrunken,
und das Rauschen der sieben Buchen gehört, und den Räderschlag der
Utzenfelder Mühle? Bin ich dazu 9 Sommer lang in der Wiese gelegen, und
Einmal mit dem Kanderer Sonntag im Gräblein? doch ohne Spaß und
Uebertreibung, es sind mir fast alle Freuden aus dem Geschäft entflohen,
und viele sogar aus dem Leben und es erfreut mich nur noch der Dank der
mir für mein Märtyr und Marterthum wird in der Achtung und d[em]
Wohlwollen des Publikums. Also gute Nacht, zweiter Theil der
a.[lemannischen] Gedichte. Das Schatzkästlein verspricht Cotta noch auf
die Ostermesse. Doch enthälts für die Leser des Calenders nichts neues.
Seit dem letzterer in der Hallischen Lit. Zeitg. recensirt, und natürlich
gelobt ist, denn der Recensent ist der fünfte und derweilige Gatte meiner
guten Freundinn M. Hendel, der Schwiegermutter des Adiunkts, seit dem wird
er stark ins nördliche Deutschland gesucht. Zum Glück sind die meisten
Jahrgänge vergriffen. Neulich schrieb Goethe darum. Wer bin ich, o Herr,
und wo ist mein Haus? — Ich habe keins. —
Hast du die Dankadresse des Hausfreundes an den Stadtpfarrer von
Tryberg gelesen? Die SchweinIgeleien von Ittner, ob ich sie kenne? Ich
hatte die Spedition derselben an Ittners Freunde in der Pfalz einer
derselben erkannte meine Handschrift auf der Adresse, und zum Dank hielt
man mich dort lange für den Verfasser. Das Programm, auf unser
Osterexamen, in dem sich der Umfang unserer Studien zeigt, erhälst du
durch Pf. Günttert. Der Aktus fiel über unser erwarten gut aus, und gewann
allgemeinen Beyfall.
Unsere Vorwaltenden Unterhaltungen im Museum sind noch immer Bulls und
schlechte Räthsel, Emetica genannt. Ein Par Proben. Ein Geistlicher machte
seine Zuhörer aufmerksam, daß die merkwürdigsten Ereignisse im Leben von
Christus immer auf Feyertage fallen, und ermahnte sie daher etc. etc.
Jemand ging mit seiner Familie über einen Kirchhof und sagte: Hier kommen
wir auch wieder einmal zusammen, wenn uns Gott Leben und Gesundheit
verleiht. Wann ists dem Reuter am schlimmsten, und dem Pferde am besten?
Antw. Wenn beide in's Gras beißen. Wer war der erste Bauchredner? Jonas.
Eisenlohr spart mir viel Fragen an dich und dir viel Antworten drauf.
Er ist schon ganz mager. So wie ein Schröpfhörnlein voll ist, setz ich ihm
ein anderes an. Aber deßwegen darfst du mir doch bald wieder schreiben, z.
B. ob du nicht an Buggingen denkest, hat er mir nicht gesagt. Auch hör ich
das lieblichste und freundlichste am liebsten von dir selbst. Wann
schreibst du mir, daß du nach Rippur kommst. Wie sehne ich mich darnach?
Wie sehr bedarfs der arme Netoreck mit seinen gebundenen Flügeln. Der
Himmel erhalte die Deinigen in reger Schwungkraft und lächle dir zu allen
Fenstern und Chlimsen hinein.
Herzl. Grüße
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