zurück zur Briefübersicht

 

   

AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

Samstag vor Palmarum [29. März 1806]      

Schön, o Zenoides, wenn dir das portative Wäldemli gefiel, und wenn es dir einst als Stativwäldlein viel Freude machen wird. Möge dir der Calycanthus, den du sorgfältig pflegen wirst wohl riechen. Wenn du, wie du vor zu haben scheinst, dem Hofgarten Inspektor etwas angenehmes erwiedern willst, so thue dazu so lange er lebt, und richte es eher auf etwas Benutzliches, als auf etwas blos genießbares ein. Doch sag ich es nicht, um dich für ihn an deinem Wort zu heben. So sind wir nicht. Sondern der arme Mann pflegt schon lange vergeblich eines dahinschleichenden Lebens, und kann, wie Gmelin fürchtet, diesen Sommer wohl sterben von 10 Kindern weg, die alle noch Kinder sind.

Welcher freundschaftliche Genius hat dir den schönen Gedanken eingegeben, auch wieder einmal die untere Welt zu besuchen. An diesem Wort will ich dich heben. Laß dich ia durch keine böse Laune von der Ausführung des schönen Gedankens abhalten, ich träume schon als ob ich dich hätte, auf dich los, und um dich herum, und bringe mir noch ein par schöne Liedlein mit, wie das welches du mir zum lieblichen Genuße mittheiltest, oder mach ein par unterwegs.

Wenn noch ein Tropfen Lebensgeist und Kraft in den Gliedmaßen unserer Theol. Gesellschaft ist, und ich hoffe es sey recht viel darinn, so hast du ihr durch die Zweckmäßige neue Einrichtung, die ihr gegeben ist und durch deine geistvolle Anrede und Ermunterung wieder ein langes Leben gesichert. Möge der Himmel sein gedeihliches Amen dazu aussprechen. Ich wollte auch ein par exegetische Ansichten für dismal mittheilen, finde aber bey genauerer Prüfung, daß sie viel Wahres und Neues enthalten, wovon das Wahre alt, das Neue aber falsch ist. Um iedoch dem wiedergebohrenen Kindlein auch etwas einzubinden, schicke ich in Ermangelung eines andern, die Disposition meiner lezten Predigt, weil ich sehe, daß ihr dergleichen auch in den Kreis euerer Unterhaltungen und Betrachtung zieht. Sie hat wenigstens das eigene, daß sie mit einer kleinen Umdrehung das Thema auf Weihnacht und Carfreytag gleich passend ist.

Neues und Ahndung des Neuen — kein Wort! da must du kommen und alles selber anhören.

So eben kündigt mir Maklott die Ausgeblichkeit der all. Ged. an. Wir habens pfiffig gemacht ich und er. Wir hoffen nemlich mit der 3ten Auflage, die 1ste und 2te rar zu machen und hoffens in kurzer Zeit zu erleben daß man 2 neue für eine alte bezahlt. Wodurch wir einen geschwinden Absatz bezwecken. Die Kupfer werden, ein par allgemein verständliche Fehler abgerechnet für den Ausländer interessanter seyn als für uns, die wir überall die Treue vermissen. Du wirst ein Ex.[emplar] durch H. Flick erhalten, das du gerne annehmen und seinen älteren Brüderlein beygesellen mögest. — Doch nein, wie bin ich! Soll alles zum Fenster hinausgesagt seyn! Dem frommen Weiblein im Röttier Pfarrhaus soll der Ankömmling zum Gruße gewidmet seyn.

H.                  

 

 

  zurück zur Briefübersicht

 

nach oben