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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

[Anfang März 1806]          

Was muß ich dir schreiben, um bald einen Brief von dir zu bekommen, als wenns pressant wäre? Denkwol dich abermal ein wenig zu Gevatter bitten zur neuen Jubel- und Silbertaufe des Wälderbüebleins. Maklott meint er könnt dem armen Närrlein, wohl noch einen Kübel voll Druckschwärze über den Kopf schütten, und dazu denk ich wie folgt: Im Land und an den Gränzen, wo des Wälderbüebleins Sprache hochdeutsch ist, kaufts niemand mehr. Wer's wollte, hats. Die dritte Ausgabe kann also nur im später aufmerksam gewordenen Ausland Glück suchen. Deswegen gedenke ich fast, den Text fürs Ausland ein wenig gefälliger zu machen und erstlich allzu lokale Beziehungen die anderwärts unverständlich und ungenießlich sind zu verallgemeinisiren, z. B. statt: Will der Schantzli näumis etc. etc. etwa so:

Steine lömer liege etc. etc.                                 
Gute Weg isch nit viel um und weidli chasch laufe,    
Wenn's nit nidsi gieng, ich weiß nit ob i der no chäm.

Zweitens allzu harte und grobe Formen, z. B. pürzlisch, groblisch, und allzugemeine
z. B. Guggus daß di Potz! schicklich zu umgehen. Soweit wirst du wohl auch einverstanden seyn. Aus dem ersten aber folgt das dritte, was die Jenaer Recension verlangt, daß die Marktweiber umgearbeitet und's Becke Casperli aus dem Storch weggelassen werde. Jenes galt bloß für Basel, dieser für die reichen Oberländer Halbherren und Halbdeutsche. Aber Umarbeitungen verlieren immer, weil man an die alten Texte gewöhnt ist. Fast möchte ich die M[arkt] W[eiber] ganz weglassen, und für beide Lücken ein späteres Stücklein aus der Iris einschieben. Was sagst du?

Endlich, und das mein ich eigentlich, was schadets, wenn ich die Orthographie zu einer Heterographie mache, indem ich sie näher ans Hochdeutsche bringe, und dadurch das Lesen und Verstehen erleichtere? z. B. schläferig statt schlöferig, chansch st. chasch, so statt se, ligsch, ligt st. lisch, lit. früeh st. friieih etc. etc. Darüber mocht ich nun dich, den Pfr. Schmidt in Hüg.[elheim] und Fecht in Graben hören, ob ihrs billigt, auf daß alle Sache bestehe in 2er oder 3er Zeugen Munde. Aber bald, lieber Alter, oder ich komm und wälze dir einen Seustel vom Belchen herab in den Rebberg der alle Stecken zerschlagt.

Hier noch ein Carnevalsstücklein. Der Akt war im Hause des kayserl. Gesandten, wo unter anderem eine Bauren-Hochzeit vorgestellt wurde. Die Braut Marei war Präsidentin v. M[arschall], der Bräutigam Rittmeister v. A[nderten]. Die Anrede an die Frau Marggrävinn gerichtet, was besonders ad signum bemerkt werden muß. Ich glaubte nicht daß es gedruckt würde. Aber es machte so viel Glück, daß der Gesandte mich dazu invitiren ließ, was ich auch annahm aber in böotischem Unverstand nicht benuzte. Ohngeachtet dieser Flegeley zog er mich hernach doch zur Tafel, ein wahrer Proteuser, dem nur noch die h. Weihung fehlt.

Du aber o heiliger Proteuser Heermeister, grüße mir die Daube, und das Däublein und die Merzenveielein am Rein.

Dein    J. P. Parm.             

 

 

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