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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG |
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[18. Mai 1803] Dein Brief hat mir o bester Zenoides eine große und herzliche Freude bereitet, denn was er mir verkündete, war lange mein stiller Wunsch und meine Hoffnung für euch, und ich theile mit dem freundschaftlichsten Herzen Euere Wonne, wie euere Schmerzen. Küsse den lieben Hausengel siebenmal in meinem Namen, und er möge, und wer noch nachkommt, euch für alle Leiden euerer Prüfung reichlich trösten. Wer iezt eine Stunde bei euch seyn, und das stille süße Lächeln der Mutter und das frohe des Vaters sehn, und sich von Angesicht zu Angesicht mit euch freuen könnte! Der wichtigen und sicheren Neuigkeiten gibt es hier wenige, der minder bedeutenden und unsichern so viele, daß man sich nicht zu erwehren weiß. Gockel soll an Preuschens Stelle kommen, Wucherer und Sander ins Consistorium. Brauer behält sein Präsidium darin, was mich sehr freut und tröstet. Daß H. R. Walz als Oberhofgerichtsrath nach Bruchsal geht wirst du wissen. Die meisten übrigen sind Pfälzer. Zum Hofgericht nach Rastadt kommt von unserer Bekanntschaft Welper und ist schon dort. Bommer macht sich Hoffnungen von Durlach wegzukommen, scheint aber noch nicht sicher zu wissen wohin. Das Hofdiakonat in Bruchsal leuchtet ihm ein, wenn die Fundation annehmlich ist. Wo wird der arme Schelm finden, was er nicht hat und sich nicht geben kann? Volz der iüngere soll nach Emmendingen oder Pforzheim als Special kommen!!! Der Marggrav geht bis d. 2. Juni nach Mannheim mit einem Gefolge
von 150 Personen. Die Universität hat er mit einer Jährlichen Revenüe von
40,000 fl. bedacht, eine schöne Summe! Prinz Louis organisirt als
Generalissimus scharf an dem Militär, und von Brauer ist heute in Gottes
Namen, das 11 te und 12 te Organisationsedickt Wappen Titel und den
Geschäftsstil betreffend ausgegeben worden, und man sieht noch kein Ende.
Indessen hat er und das Vatterland noch an keinem von allen Schande
erlebt. So groß bisher die Meinung von ihm war, so zeigt er sich doch in
der gegenwärtigen bedeutenden Lage als Staatsmann, gelehrter und
moralischer Mensch noch größer. Möchte nur in dem lezten von allen Edikten
genau und sicher angegeben werden, was von allen vorhergehenden gültig
seyn, und gehalten werden soll! Bekommst du sie denn auch ordentlich und
frühe genug. Ich mache mir in diesem Augenblick einen Vorwurf, daß ich dir
sie nicht iedesmal brühwarm zuschickte. Die Schrift über die Union hätt'
ich dir sogleich geschickt, wenn mir nicht Brauer gesagt hätte, daß er dir
selber ein Exempl. durch Walz zugedacht habe. Dafür schicke ich dir unsere
Lesegesellschaftlichen Machwerke. N. 1. ist von Sander, 2. 3. von Walz, 4.
5. mein kleiner Beitrag, worauf ich aber gar nicht stolz bin. 4. wurde
abgesungen, als vor der Lesegesellschaftlichen Mahlzeit von 70 Personen,
die Büste des Curfürsten mit einem Lorbeerkranze bekränzt wurde, 1. 2. 3.
während der Mahlzeit beym fröhlichen Becherklang. Nach ihr gabs des
Schnacks und Geschnaters, des frohen Lachens und der Blähungen viele. Am
Abend war Ball und Illumination des Versammlungshauses wozu N. 5 als
Inscription diente. Was war zu thun? Als es Abend ward und der Tag sich
neigte, hab ich mich eben auch illuminirt. Das Lebe hoch! der Oberländer
Freunde wird bei solchen Gelegenheiten von den Oberländern nie vergessen,
zumal beym Oberländer Wein, wie dismal; und das deinige mußten ein par
Dutzend mittrinken, die dich in ihrem Leben nie gesehen haben. Der Tag war
wenigstens frölicher als der Churfürstensonntag vorher, so groß und
glänzend die Aufwartung bey Hofe war. Deines Oheims Predigt hat wegen
einiget politischen Seitenblicke und Anzüglichkeiten Sensation gemacht.
Das kann er bey solchen Gelegenheiten nicht lassen. Die Musik hätte mich
rühren können, wenn sie nicht für mich wenigstens, zu sehr den Charakter
der Opern Musik gehabt oder wenigstens herbeygeführt hätte, zumal da
Schauspielerinnen die Hauptstimme hatten. Am ambrosischen Lobgesang setz
ich überhaupt aus, daß man dabey allemal zu viel oder zu wenig thut. Man
sollte entweder die Canonade ganz weglassen; oder lieber auch noch Dem Pf. Eccard würde ich den Kopf darüber waschen, daß er dir so viel Zeit raubt und Mühe macht, wenn ich ihn nicht kennte. Aber es wird nur ärger; er ist ein lebendiges Geschwür das man nirgends anrühren darf. Doch hab ich ihm gedroht ihn bey dem Stabhalter zu verklagen, daß er wie es scheint die Leute dort zur Subscription nöthigte. Seine armen Schafe zu melken war meine Absicht nicht. Ich wollte Freude und keinen Verdruß machen. Aber was du schreibst, sieht ihm gleich. Indessen bitte ich dich mit den armen Teufeln glimpflich zu verfahren, d. h. alles was du für dich thun würdest, auch von meiner Seite zum Voraus für ratifizirt anzusehen. — Wie viel Mühe mache ich dir und du trägst sie so geduldig! Wenn du das Geld beysammen hast, so schike mirs wie du es bequem findest; auf ein par abhängige kommts nicht an. Die Auflage zu 1200 Ex. ist fast vergriffen. Soll ich eine neue wagen? In den Buchhandel ist die erste eigentlich gar nicht gekommen sondern durch euch gute und thätige Freunde unter Dach gebracht worden. Der Churfürst hat mir für ein Exemplar ein prächtiges Naturhistorisches Werk Beschreibung der Thiere in der Nationalmenagerie zu Paris mit Kupfern in Großfolio zum Präsent gemacht. Das Consistorium ist wie ich eben sicher vernehme noch mit vorliegender Tabelle organisirt. Du aber und dein Weiblein und euer zartes Mägdlein Gottes heiligen Segen und was die Freundschaft gutes wünschen und gönnen kann, sey mit euch! armenideus
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