zurück zur Briefübersicht

 

   

AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

[Anfang März 1803]      

Deinen lieben Brief o Zenoides habe ich richtig erhalten, und du wie ich hoffe, den meinigen sammt dem Ballast auch erhalten haben. Daß das Allemännlein in seinem luftigen rothen Tschöplein von seinen Landsleuten so gerne erkannt und so gut aufgenommen ist, und mit seinen Gaukeligen noch da und dort ein Lächeln gewinnt, freut mich für das Allemännlein, und freut mich an den Landsleuten.

Prof. Jacobi in Freyburg hat im Allgem. Intelligenzblatt für das Land Breisgau Nro. 16 unter der Rubrick „Vaterländische Poesie" ein gar schönes Testimonium ausgestellt. Du kannst dir vorstellen, wie sehr mich der öffentliche Beifall dieses Mannes freut, und wie sehr ich mich durch denselben geehrt fühle. Sogar mit einer Uebersetzung in's Hochdeutsche hat er „Freude in Ehren" gekrönt. Aber fast mehr noch als die eigne Ehre freut mich die welche er durch sein Zeugniß dem Dialekt unseres Vaterlandes anthat. Er hält es für einen gelungenen Einfall,

„daß der Verfasser zu seinen Gesängen sich der reichhaltigen
körnichten Sprache seiner väterlichen Gegend bedient, die
außer ihrer Naivetät noch wegen der Abkürzungen, die sie
gestattet, einen Dichter in den Stand sezt, in wenige Zeilen
vieles zusammen zu fassen. — — — — — — — —
Nicht zu leugnen ist es, daß diese Mundart zum Reitze der all. Gedichte
vieles beytragt; ohne sie gienge manche Schönheit verlohren etc."

Nu wenn doch by Gott äfange so ne Ma so näumis seit!

Flick beißt stark an, wenn nur die Zähne gut sind. Ich habs ihm, nachdem ich so kurz mit ihm abgebrochen hatte, nicht zugetraut. Ich werde ihm heute schreiben, und mit dem Postwagen, wenn nicht bald mein Haus Patron eine Fuhr nach Basel schickt, 50 Exemplare zuschicken. Er könnte, wenn ers noch für profitabel genug hält, in die Schweitz hinein vielleicht einigen Absatz machen, wo soviel ich weiß noch keine Exemplare hingekommen sind. Denn Maklott ist eine träge Seele, und die Auflage ligt bey ihm wie ein Pfund Schnitz und drückt ihm fast den Tisch darnieder. Ich denke du könntest doch ein Exemplar nach Leipzig schicken. Aber wie du meinst. Ich selber werde an der Expedition der O[ber] D[eutschen] und der alg. Litt. Zeit[ung] anläuten, und vielleicht auch an Wieland und Nikolai ein Exemplar schicken. Jacobi macht mich verdammt keck. An den Verfasser von Braga und Hermode habe ich schon eins gesandt, aber der Camerad hat nur Sinn für alte Angelsächsische und Norwegische Radices. —

Es ist mir leid, daß du mit Eintreibung des Geldes so viel Mühe hast, und ich erkenne dankbar die Freundschaft, die dir zu der langen und großen Mühe, die ich dir schon gemacht habe, Geduld verleiht. Wie stehts mit den überzähligen Exemplaren die ich dir zugeschickt habe? Ligen sie am Strand oder sind sie flott? Hast du sie oder Bögner? Die schadhaft gewordenen Subscriptionsexemplare wirst du aus diesen ersezt haben.

Grüße mir dein frommes Weiblein. Ich bin oft bey euch, Ihr Lieben, bald wachend bald in lieblichen täuschenden Traume. Auch Nüßlin meinen Gruß. Sag ihm, daß ich seither nicht mehr im Bären gewesen sey, daß kein Tropfen Klingenberger meine Lippen berührt, und daß ich schon zweimal den Vogel geschwänzt habe. Assa lieber Zenoides, Gottes Segen und ein freudiger Frühling besuche euch.

J. P. H.             

 

 

  zurück zur Briefübersicht

Assa = vom franz. 'assez' = 'genug'

nach oben