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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

[11.—14. April 1802]    

Die innstehende Charwoche wird dir viel zu schaffen machen, wenn ich die Mühe vieler Predigten, die du zu halten hast, nach der Mühe meiner einzigen beurtheilen darf, lieber Zenoides!

Ich rathe dir daher, in der Osterwoche post actos labores, dir eine kleine Zerstreuung zu machen und an einem lieblichen Tage einen Gang nach Basel zu thun, nemlich ohnehin, nicht mir zu lieb. Und dann bitte ich dich aber recht schön und kosig, ja koseselig, daß du es noch einmal versuchen wollest, dem Felicek einen Strick um den Hals zu werfen. Es war mit dem Haas, wie ich vermuthete und sagte, er druckt nur um Bezahlung, und unternimmt und verlegt nicht selber. Zu dem Ende wird dir Pfarrer Günttert, die gehörigen Papire, die er bei Haas benutzen sollte, nemlich a meine Erklärung und Verständigung an den Buchhändler, b ein par Probegedichte, c einen Probebogen des Idiotikons, d einen Brief von Pfarrer Schmidt, Jakobi's Urtheil enthaltend, überschicken, und solltest du Lust haben nach B. zu gehen, ehe dis geschähe, so verdrösse es dich vielleicht nicht, dem Umweg über Weil zu nehmen, und die Papire abzureichen. —

Man seye alsdann so gut, um mit dem sel. Bougine zu sprechen, und stelle dem Buchhändler die in der Verständigung Lit. a, gebaute Lockfalle. Das h. du übergibst ihm denselben Bogen, und beobachtest ihn, wärend er liest, besonders die Bewegung der Muskeln um Mund und Nase. —

Bezeugt er Lust zur Sache, so bietest du ihm die Proben, b, c und liesest ihm Schmids Brief ganz oder was du darin für zweckmäßig haltest, vor, und sagst ihm, daß wir ehrliche Leute seyen und Jakobi ein kompetenter Richter.

Dann kommt's auf die Hauptsache an.

1) Was bietet er für den Bogen gedrukt, oder für das ganze Mskr. ohne Subscription.

2) Was bietet er im Fall der Subscr. Nach Verhältniß der Menge von Subscr. desto mehr Losung.

3) Wie theuer verspricht er's zu lifern im Preis.

Bietet er in einem oder dem andern Fall weniger als 1 Louisd. auf den Bogen, so brichst du ab, und sagst ihm, daß ich's eher umsonst werde druken lassen, aber nicht bei ihm, denn ich sey gar nicht aufs Geld erpicht, und arbeite blos aus Liebhaberey. Bietet er aber 1 Louisd. oder drüber so viel er will, so sagst du ihm, daß ichs, so wie du mich kennest, schwerlich drum thun werde, denn ich sei verteufelt interessirt, und ich will es, wenn du gerne magst, ohne es dir gerade zuzumuthen, deinem eigenen Augenmaas überlassen, ihm ein höheres Gebot nach der Stimmung die du an ihm bemerkest zu proponiren. Kann nach diesen Präliminarien etwas aus der Sache werden, so werde ich mich über das Weitere selber mit ihm in Corresp. setzen. Die Papire nimmst du wieder mit, besonders lt. e und d und letzteres sicher und auf alle Fälle, und ich bitte mirs wieder aus.
Ohne Subscr. wärs mir fast lieber als mit, wenn der Unterschied des Honorarii nicht zu groß wird.
Lit. a war freilich nicht für den Flick, sondern für Haas aufgesezt, ich glaube, daß iener für manches darinn keinen Sinn hat.
Sey so gut mein Bester, und nimm dich der armen Närrlein in Freundschaft und Liebe an.

Ich predige nun über das Gericht vor Pilatus zum 9 ten Mal. Dismal will ich aber Jesu Worte: „ich bin nicht mehr in der Welt" aus Joh. 17. herüberschwärzen, und zeigen wie ihn der Gedanke an seinen nahen gewissen Tod, groß, versöhnlich gegen seine Feinde, muthig vor dem Richter etc. gemacht hat. Er war wirklich vom Kampf im Garten an, in einem der Wahrheit nahen, und erhabenem Sinne, „nicht mehr in der Welt". So sind oft fromme Menschen auf dem Todbette, wenn sie einmal die Gewißheit ihres Todes ahnden. Wie er, stille ruhig, resignirt in ihr Schicksal, kurz und bestimmt in ihren letzten Reden, schon erhaben über alles irdische, und über die Liebe zu ihm, die das Scheiden von ihr schwer macht. Wir sehen sie noch, sie reden noch mit uns, aber „sie sind nicht mehr in der Welt". Dieser erhabenen Gemüthsstimmung, dieser Größe und Freiheit, soll uns das Andenken an unser Ende, das ebenso gewiß, wenn auch unbekannt, und eben deswegen weil es unbekannt ist, näher bringen.

Brauer macht mich mit Gewalt zum Schriftsteller. Ich habe iezt mit Professor Böckmann den Landkalender zu befrachten; wird etwas schönes werden. Ich proponirte geschmackvolle Nachahmung des hinkenden Bott. Geschichte der neuesten Jahre, Chronikenartikel etc., populär-ästhetisch und moralisch fruchtbar vorgetragen, mit niedlichen Holzschnitten. Aber es hilft nicht. Das Consist. schreibt vor, und viel Köche versalzen den Brei. —

Unsere Entschädigung scheint nun gewiß, bestimmt und vortheilhaft zu sein. Br[auer], der sonst auch unter Vertrautesten davon nicht sprechen wollte, bisweilen gar schlechte Hoffnungen spüren ließ, läßt nun Aeußerungen fallen, aus denen man so etwas vermuthen kann. —

Bommer und Holzm[ann] haben schon dumme Streiche gemacht, Händel mit der Censur zu ihrem Nachtheil gehabt. Ihre großen Canäle aus den Canzleiregistraturen etc. werden ihnen abgeschnitten, und man verdenkt ihnen schon den Versuch und Gedanken, Geheimnisse aus Acten zu publiciren, wie billig in einem hohen Grad. Sed omnia inter nos.

Meinen herzlichen Gruß deiner lieben guten Gattinn.

Ewig dein redlicher     Parm.             

 

 

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