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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG |
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[Ende Dezember 1802] Schön, schön mein lieber Zenoides, daß du mir zur reichen Erndte noch eine so hübsche Nach- und Stupfellese uferst, und nicht nur wirktest, so lange es Tag war, sondern noch bis in die späte Dämmerung und Nacht des Subscriptionstermins. Dafür sollst du, wenn ich mit meiner Pflegtochter der Wiese unter Rötteln vorbeimarschire von ihr einen freundlichen Knicks und von mir einen dankbaren Aufblick erhalten, und ich will damit vor allen Rittern und Knappen, d. h. Collekteurs und Nubnecribeseten groß thun, daß du mein Freund bist. Das Büeblein gaukelt mir schon seit 10 Tagen vollgliedrig und wohlgewachsen vor den Augen, und freut sich deiner Liebe, und jukt dir ungeduldig entgegen, aber der infame Schneider bringt immer den Rock noch nicht. Es ist mir eine fatale Sache. Ich habe ihm schon mit Todtschießen gedroht, nemlich dem Schneider, nicht dem Büeblein. Aber der Kerl rührt sich nicht; er muß fest seyn, doch bis 3 Königstag — ia bis dorthin hoff ich das kleine Hanswürstlein an Ort und Stelle gebracht zu haben. — An eine wohlfeilere Ausgabe habe ich wohl gedacht, und deinen frühern Wink darüber nicht unbeherzigt gelassen, aber auch Achtung gegen die Subscribenten, die gutmüthig ihre 24 Bazen für das Kätzlein im Sack darbieten, und noch mehr gegen Euch Herrn Collekteurs, die dazu einladen, war ich immer bedenklich, hintennach selber mit einem wohlfeilem Preis auf den Markt zu fahren, und als ich in den Verzeichnissen, so manchen fand, der doch einen Thaler wohl in der Hand umdrehen darf, eh er ihn ausgibt, und seine Voreiligkeit hintennach wohl bereuen möchte, wenn ers wohlfeiler haben könnte, so abstrahirte ich ganz. Ich will's lieber selber bereuen, daß ich in den Tag hinein druken ließ, als daß es iemand mit Vorwurf gegen mich und Euch bereuen sollte in den Tag hinein subscribirt zu haben. Was hintennach ein Raubvogel thut dafür können wir zahmen Trostlen nichts. Freilich werde ich warscheinlich Mühe haben die 500 unterzubringen, da es schwer ist eigenen Verlag in den Buchhandel zu bringen, zumal, wenn ein Raubvogel stoßt. Doch wird nicht alles gefehlt sein: „Wir trau'n auf deine Bude Cagliostro, ewiger Jude!" das heißt: auf des Phuli's Antiquitätensaal, wo so viele Gestrandete schon Unterkunft gefunden haben, an Gölitz, Lauer, Vogel, Mallebrein, Weißinger, Willard, Crecelius etc. etc. der unerkannten Beförderer der Litteratur nicht zu gedenken. Zu Brauer komme ich wegen seinen vielen Geschäften noch bisweilen wie ein Dieb, und wie Nikodemus zu Christo, in der Nacht von 9—11. Von seiner Erhöhung weiß man hier nichts und von seiner Nobilitirung wenigstens Er nichts. Vom Consistor. ist er noch nicht geschieden, sondern sezt nur aus. Aber alles wichtige geht noch nach wie vor durch seine Hände. Werden kann freilich noch, was nicht ist. Aber er wird immer auch im Geh. Rath und Cabinet die Kirche im guten getreuen Auge und Herzen behalten. Der Friesenheimer geht warscheinlich nicht nach Opfingen, und Dittenberger könnte noch nach Theningen gehen. Davon ein andermal. Wir haben viel von euerer Belchenwallfahrt gesprochen, und von unserer. Auch seit Nüßlin dein ehemaliger würdiger Schüler und ieziger Freund bey uns ist, wird dein Name oft mit Liebe und Freude genannt. Apropos habt ihr mich aus dem Verzeichniß der korrespondirenden Mitglieder wieder ausgestrichen? An Neuigkeiten ist dermalen große Ebbe. Aus der Preisaufgabe im
Wochenblatt ob Badisch oder Baden'sch richtiger sei, und aus den
Beantwortungen dieser Sylbenstecherey wirst du dich überzeugen können, daß
wir erbärmlich Langeweile haben. Ich will auch meinen Senf dazu geben,
nicht um die Frage zu beantworten, sondern eine einfältige Antwort, die
schon eingelaufen ist, in den Grund zu bohren. Euer redlicher Hausfreund Hebel
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