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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

[Januar - Februar 1797]        

Ich hab angefangen die Kantische Philosophie zu studiren, auf Anrathen eines sehr gelehrten Ungarn, der sich hier aufhält, und laß es nun wieder bleiben auf Anrathen Meiner. Sie sey dem Desegelisgeinet im Augenblick seiner schlimmsten Laune preisgegeben mit allen Kategorien. Es gibt nur ein System, nur eine Philosophie — Unsere! die sich von allen andern wesentlich darinn unterscheidet, daß sie auf einem Grunde ruht, in dem iene auf nichts, die unsrige aber doch wenigstens auf das Nichts gegründet ist. — Wollen wirs nicht ausarbeiten und in der Form eines Almanachs für 1798. Als eine Satyre aller Philosophie herausgeben und sust näumis?

Von den Schiller-Göthischen Xenien kenn ich etwa ein halbes Hundert aus Recensionen, was wohl der Ausstich seyn wird. Dank für die eurigen. Sie haben mich lieblich umgaukelt. Schick mir der luftigen Geniekinder mehrere.

Zum Dank für die ersten, und zum Haftgeld für die folgenden, theil ich dir einige Epigramme mit, die ich kürzlich einem Freund zu einer Sammlung beigetragen habe.
Sie nehmen sich freilich neben Xenien aus, wie die Tochter des Stadtschreibers von Schwäbischgmünd gegen einer iungen schalkhaften Athenerinn.

1. Rude Donandus
 
Mich in Ruhe setzen? Hört den klaren
Unsinn. Mich den Präsident von Essen!
(Ein Assessor seitwärts:)
Klarer Unsinn! Denn seit dreisig Jahren
Seines Amts ist er in Ruh gesessen.

2. Undank
 
Gestern Abend starb der Doktor Engel.
Tod, er ist ein undankbarer Bengel!

3. Herzensanliegen
 
Vatt. Was ligt dir auf dem Herzen, mein Kind du scheinst so bang?
Tocht. Ach unterm Herzen ligt mirs, nun schon sechs Monden lang.

4. Am Grabe eines Kapuziners
 
Betet Ave! Pater Gratian
Ists der unter diesem Steine rastet.
Tröst ihn Gott! Er hat an Laberdan
Und an Erbsen sich zu Tod gefastet.

5. Am Grab eines Chirurgus
 
Gott woll ihm Ruhe geben!
Er war ein unbescholtner Mann
Und hat in seinem Leben
Nicht einem Menschen weh gethan.

6. Krankenbesuch
 
Ist sein Herr allein,
So meld Er den Freund Hain!
„Ganz allein, bis auf den Doktor Felber."
Adieu, Freund! der bringt mir ihn schon selber.

Und nun in der Laune des Muthwillens auch noch ein Xenion:
 
7. An Euch!
 
Xenien sind Geschenke, dem Gastfreund traulich geboten.
Dichtet, was ihr wollt, aber nennts was es ist!
Sollens Xenien seyn, recht schön! Vergeßt dann nur Eins nicht,
Widmet den Gästen den Witz, nicht dem Witze den Gast.

Es ist nicht so böse gemeint, wie du wohl siehst, und gilt nur dem Namen, nicht der Sache. Ohne mein Wissen und Rath hat unser neuer Buchhändler Müller, ein Sohn des alten Buchbinders, dem ich die Spedition meiner Predigt überlassen habe, eine Parthie an Flick geschickt, mag also meine Bitte, die ich Jüngst wegen dieser Angelegenheit an dich gethan habe, auf sich beruhen.

Ich fühle mich dir neuerdings in einem hohen Grade verbunden (und wie sehr bin ich vorher schon, und wie gerne bin ichs?) durch, das Geschenk, welches du mir mit Gerhards Mineralogie gemacht hast. Ich trage diesen Theil der N[atur] G[eschichte] nach seynem System wirklich vor, finde dasselbe bey der möglichsten Gründlichkeit möglichst einfach und leicht, und wäre ohne dasselbe in der Wahl eines andern schwerlich so bald und so befridigend entschlossen gewesen. Bey allem dem ists ein saures Stück Arbeit und ein tüchtiger Bestandteil zu den Plagen, deren ieder Tag seine eigene hat.

Hast du nicht Lust Hr. Bommer bis Ostern hieher zu begleiten, und die Freude, mit der ich seiner Ankunft entgegen sehe, durch die deinige zu vermehren. Gelt! wenn du keine Frau hätt'st. Närrsch, nimm sie mit! — und grüß mir sie zuerst! und den braven Bommer.

Adio! Helf uns Proteus!

Es leucht' uns der nächtl. Nimmerschein!                   

 

 

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