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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

Theuerste liebste Freundinn!                                            [11.—]13. April 1821   

—        —        auch Freund

Seit dem Empfang Ihres uneins lezten Schreibens voll herzlicher Liebe, wartete ich, um es zu beantworten vergeblich auf eine ruhige gemüthliche Sonntagsstunde. — Es kann einer Wunderlichkeit gleichsehen, daß ich an Sie und etwa noch an zwei Orte in der Welt am liebsten an einem Sonntag und zwar Vormittag schreiben möchte. Aber die Sache hat einen guten Grund. Auch ist es für mich wirklich ein schöner Theil der Sonntagsfeier im Geist und in der Wahrheit, und sind wir denn, wenn Sie an mich oder ich an Sie schreibe nicht in einem netten unsichtbaren Kirchlein beisammen, dem Klein Straßburger, in welchem ich schon mich mehr erbaut habe, und froher und frömmer zugleich gewesen bin, als in mancher Kirche.

Heute aber ist Mittwoch. Ich verspare also vieles, was ich mit Ihnen reden möchte und will, wie gesagt auf so ein verborgenes Sabbaths und Kirchenstündlein. Aber zu dem was ich auf Ihr leztes freundliches Brieflein antworten kann ist auch ein schlechter Werktag gut genug, und der Mittwoch gerade, der von seinen beiden Sonntagen gleich weit entfernt ist. Ich möchte so gerne wieder einmal eine österliche Zeit mit Ihnen zubringen, so manche Erinnerung feiern, so manche liebe Stätte wieder besuchen die mir lieb geworden ist durch Sie, liebes groß sehen, was einst klein war, — sehen und liebhaben, was einst noch nicht war, und ich will ia sogar in diesem Augenblick, aber ich weiß zum Voraus, wenn es geschehen soll, daß es doch nicht geschieht. Ich will nicht von Geschäften reden, die gerade in und gegen diese Zeit sich häufen, weil ich es immer thue, wie wohl ich es dismal mit noch größerm Recht thun könnte. Ich will auch nicht gestehen, daß mir alle Geschäfte täglich beschwerlicher werden, und langsamer aus der Hand gehen, weil ich doch erst ins 62 te. Jahr gehe. Aber es wird mir alles beschwerlich, am meisten und unüberwindlichsten das Einsteigen in einen Wagen. Bin ich doch auch iezt ins 9 te Jahr nicht mehr im Oberland gewesen, dessen Sehnsucht, besonders in dieser Jahreszeit mich so sehr angreift und hält, und ich darf mich darauf herzhaft berufen. Denn wenn mich heute iemand aus dem O. L. fragt, warum ich so lange nicht mehr hinaufkomme, — und ob ich die geliebte Heimath nimmer liebe, so wüßte ich zu meiner Rechtfertigung auch nichts geltenderes zu sagen, als ich sei ia eben so lang auch nicht einmal in Klein Straßburg mehr gewesen. Vielleicht in den schönen langen Sommertagen, wenn die Kirchenvereinigung vorüber ist, fliege ich auf einige Tage aus und wohin? Nicht nach Baden, es müßte dann seyn, daß gerade dort wäre, was ich suche. Meine Liebe begleitet Sie wo Sie sind, wie einst auf der Mühlburger Straße, wo Sie mich noch reden hörten (weil ich noch bei Ihnen war, ob Sie mich gleich nicht mehr sahen,) auch den Freund Thurn auf der ietzigen Reise, die er vor hat, und Ihre Briefe sind mir tröstliche und köstliche Beweise, daß Sie auch gern an mich denken, und mich reden hören, wie damals. Wenn es nur nicht gar zu freimüthig wäre, so möchte ich Sie gerne bitten, mir recht oft diese Freude zu machen. Meinen besten Dank für das schöne Andenken an den guten Emmerich. Ich grüße Sie alle, alle von Herzen. Sie wissen, was alle heißt. Aus dem Mitwoch ist Donnerstag geworden, auch Freitag. Ich bin alle Tage meines Lebens

Ihr redlichster Freund    Hbl.               

 

 

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