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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

Ich nehme theure liebe Freunde, aus Ihrem herzlichen Schreiben, das Beste was
mir daraus von dem bösen Schicksal gegönnt ist, aber auch das mit freundlichem
Dank — die Erinnerung an die frühern schönen Auferstehungs, Frühlings und Freundschaftsfeste — Zuckerpapir, aber süßes, zweitens Webstoff zu einer neuen Reise in der Idee, die zwar etwas dünner ist, als die Wirklichkeit, aber doch farbenreich und Sternenblumenduft darunter. Drittens Euere Liebe — Gold, aber nur deswegen, weils zur Vergleichung nichts entsprechenders gibt, und Diamant zu hart ist, und Wasser hat.

Aber ich fange an, mich zu schämen, daß ich euere freundschaftlich geöffneten Arme, so oft, und auch iezt wieder leer zusammen fallen lasse, oder vielmehr ich betrübe mich und mache mir Vorwürfe, wie ein frommer Pietist, nicht nur über das, was ich nicht thue, s[on]dern auch über das, was ich gern thun möchte und nicht kann, nur mit dem Unterschied, daß der Pietist, sich nie rechtfertigt, weil dis die größte Sünde wäre, sondern sich unbedingt der Gnade ergibt, wie wohl ich lezteres auch thun kann, wenigstens bei den 3 lieben Frauen. Nur den 2 Männern will ichs also klagen, daß ich in diesen Ferien neben allen andern fortlaufenden Ministerialgeschäften, die wie die Glashütten und Schmelzöfen keine heilige Zeit kennen, einen neuen erweiterten Plan für das hiesige Lyceum von 400 Eleven und 10 Classen bearbeiten muß, der bis zum Ende derselben in Ausführung kommen soll, und für den noch gar manche Vorarbeit geschehen und Hindernisse aus dem Wege geräumt werden müssen, von welchen letztern ich leider selber eine[sj bin. Ich muß nemlich zu gleicher Zeit aus meinern schönen Logis ausziehen weil die ganze Etage, die ich bewohne zu neuen Lehrzimmern eingerichtet wird. Ich räume mich an die l[ange] Straße zum Bäcker Heiß aus d. Wege. Könnten die Pietisten sich so rechtfertigen, sie machten sich noch mausig. Ich aber thue es nicht, sondern ich beklage, wie gesagt diese Verhältnisse, und danke Euch für diese Liebe, und tröste mich in der Sicherheit ihres Besitzes für die Entbehrung ihres Genusses. Wandeln Sie froh und glücklich in die schönen Auferstehungstage des Heils, derAurikeln und der Sommervögel. Den Schneegansischen Hof laß ich nicht besonders grüßen, weil ich ihn sonst von dem Miteigenthum dieses Briefes ausschlöße, den ich an alle schreibe. Aber den Kindern sagen Sie, daß ich sie liebe.

                                                           Herzlich Ihr      Hbl.         

23. Merz [18]17.

 

 

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