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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

d. 10. April [1813]     

O ihr lieben und guten Menschen, die ich so gerne wieder sehen und umarmen möchte! Es ist schwer solchen Einladungen zu widerstehen fast noch schwerer es zu sagen, zumal wenn die Abhaltung in lauter kleinen Schwierigkeiten und Bedenklichkeiten zu bestehen scheint, die einzeln genommen iede zu besiegen sind, zusammen ein großes Gewicht haben und fast gebietend entscheiden. Doch ist die Basis von allen das alte Lied — das Geschäft. Denn nur der Professor hat Ferien, nicht der Direktor, nicht der Kirchenrath, der Bischof von 6 Diöcesen ist, nicht der Calendermacher, der erst Einen Bogen hat, und von dem Kater in Pforzheim schon lange angeknurrt wird, nicht der Geschäftsträger des halben Oberlands, dem ich iezt, wo alles hier von Rekruten wimmelt mit dem Sultan Saladin im Mönch vom Libanon zurufen möchte

Verlangst du deine Kinder von mir?

Und doch hab ichs euch im Herbst versprochen! O, glaubt mir, nicht weniger mir selbst, als euch, und nehme mir's wirklich schon wieder auf die Pfingst- oder Sommerferien vor, euch zu besuchen. Sieht man nicht alle Berge hinter denen ein Paradislein ligt, das man gerne besuchen möchte, aus der Ferne für klein an.

Laßt mich also oft in freundschaftlichen Erinnerungen in eurer lieben Mitte seyn! Es wird manchmal zusamen treffen, daß ich in meinen Phantasien zu gleicher Zeit am Abend mit euch im schönen Garten lustwandle, zur Zeit der erquiklichen Morgenstunde vielleicht, wenn ihr nur ein wenig früh aufsteht, sogar im färben und freudenreichen Traum, der zwischen der Phantasie und Wirklichkeit in lieblich täuschender Mitte schwebt.

Grüßen Sie von mir unsere Freunde, die in allem bisher gesagten mitgemeint sind.

Wie freue ich mich eures häuslichen und innwendigen Glücks, das sich in euern Briefen so rein und froh und lebendig ausspricht. Ich danke Ihnen beste Frau Sophie für den Genuß, den Sie mir durch den Ihrigen in so hohem Maß gewährt haben. Ich werde ihn noch in diesen Ferien extra beantworten sobald ich die Geschäfte ein wenig von der Hand weg habe, und die Akten von dem Tisch. Halten Sie sich unterdessen mit der Vorsehung, so gut Sie können. Der arme August dauert mich von Herzen. Ich glaube, man müße im eigenen und im theilnehmenden Leiden fester an die Vorsehung glauben als im Glück, nicht umgekehrt. Mit inniger Liebe

Ihr Freund       Hebel      

 

 

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der Kater in Pforzheim: Buchdrucker Katz, der seit 1813
den „Rheinländischen Hausfreund" druckte.
Der Mönch vom Libanon: dramatisches Lehrgedicht
von J. G. Pfranger.

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