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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

[Ende August 1809]       

Ich nehme herzlichen Antheil, meine lieben Freunde an euerm Verlust und an euerm Schmerz, und an dem Trost der euern Schmerz lindern wird. Gott und wir haben unsere Kinder mit einander. Ich glaube daß mich dieser Gedanke lieblich ansprechen würde, wenn ich in das Wir ein Stüblein voll eigene einzuschließen hätte, und der Tod, wenn eins von ihnen seine kleine Errungenschaft auf der Erde, seine dunklen Vorstellungen oder Eindrücke, die sich in Lächeln und Thränen spiegelten, zusammenpakt und fortzieht, ist doch nichts anders, als der höchste Beweis, und die lebendigste Versinnlichung dieses lieblich ansprechenden Gedankens, der uns gar nicht einmal fehlen dürfte, wenn wir Kinder haben und frohe Eltern seyn wollten. Ihr Gustav hat Ihnen nur einen sehr kurzen Besuch gemacht, aber ohne Zweifel haben Sie im süßesten Genuß seines Besitzes und im schönsten Aufstrahlen Ihrer Hoffnungen, wohl auch bisweilen daran gedacht, daß er ein Zwillingskind war.

Selten gedeihen sie beide, und schreiben — ich wills zu keiner scherzhaften Anspielung gesagt haben, — ihren Zwillingsroman zu Ende, sondern quod Deus vult, zieht zeitlich davon, und sehr oft zieht er nach kurzer Zeit den zweiten nach, als ob er ihm einen Boten schickte — wenigstens kommt einer — und ihm sagen ließe: Komm Bruder, hier ists besser.

Ich will nicht mehr sagen, damit es nicht scheint, ich suche. Das Beste sagt euch doch euer Sinn und euer Herz.

Ich lege den Calender auf das Jahr 1810 bey. Wir sind ein wenig stark vorgerückt in der Zeit, und die typographische Kunst hat in den lezten 162 Jahrhunderten, die seit ano 1809 verflossen sind würdige Fortschritte gemacht. Auch die Correktoren sind heut zu Tag accurater. Dem Hausfreund leistet D. Katzenberger Gesellschaft. Ich bitte leztern bald zu lesen, und mir noch vor den Organisationsedikten und Klübers Mnemonik wieder zukommen zu lassen. Ich will gestehn, er ist nicht mein, wenigstens nimmer, sondern ich habe ihn gegen eine Parthie alter Kernschriften vertauscht, und mir nur noch eure Nuznießung in den Kauf ausbedungen. Die Sigari sind glücklich angekommen. Ich danke für die Besorgung. Ich bitte um die Addresse des Strasburger Hauses, damit wir in Zukunft nicht nöthig haben, weder Hn. Schneegans unnöthige Mühe zu machen, noch sie von Vachier freres a Marseiile unmittelbar zu verschreiben.

Pf. Stahl in Haltingen — vielleicht kannten Sie ihn — ist tod. Nicht der 80iährige Vater, nein der 40iährige Sohn. Meine herzlichen Grüße im Schneegansischen und Weilerischen Haus. Ich hätte iezt Calender genug zur Disposition auch für diese, aber sie sind so schlecht, daß ich KL Straßb. nicht damit überschwemmen will. Doch stehn für Liebhaber, die eine eigene Sammlung anlegen wollen, Exemplare zu Dienst. Gegenwärtiges gehört eigentlich in die Klein Straßburger Stadtbibliothek. Herrn Münz der die ganze Sammlung hat, bitte ich gleichwohl sein Exemplar zuzusenden. Iezt hab ich sehr viel zu thun, und bitte ganz Kl. Straßb. mir öfter zu schreiben, als ich selber thue.

Don Piedro            

 

Der Brief ist alt worden, eh ich ihn absende. Unterdessen ist der Holzschnitt eingetroffen. Noch haben Sie eine Serviette, sie ist nicht gewaschen, bey mir zu gut.

H.                  

 

 

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