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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

[Ende Januar oder Anfang Februar 1808]     

Wenn ich doch nur alles aufgeschrieben hätte, was ich seit dem Herbst Anno 1807 mit euch geredet, und in euch hinein und aus euch heraus gedacht habe, Ihr liebe kleine Straßburger Welt, damit ich euch ietzt alles auf einmal schicken könnte. Denn in wie manche schöne lange Winternacht habt ihr mich (abwechselnd mit den Weglagerern und Falschwerkern) zum süßen Schlummer eingewiegt, wie manche lichte Minute habt ihr mir in eine trübe Stunde einschließen lassen. Aber ich habe gewiß nichts aufgeschrieben, alles ist verweht und zerronnen. Aber so viel weiß ich daß die Quintessenz und das Alkohol und die Naphtha des ganzen halbjährigen Geplauders lauter Liebe und Freundschaft war, und daß die Mütter Haufe und Schneeganß gut haben, Kinder groß ziehen, wenn ich guter Narr und Leu, sie Stunden lang herumtrage und hüte. Auch das weiß ich, ich habe mich kein einziges mal entschuldigt, daß ich nur mit euch rede und an euch denke, aber nie an euch schreibe. Denn liebe Kinder man muß nichts halb seyn, entweder ganz gerecht oder völlig verstockt und leichtsinnig zu seiner Sünde. Lezteres bin ich so sehr, daß mir noch nie hat wollen ein schwerer Stein aufs Herz fallen, wenn ich den Namen Straßburg hörte oder las, sondern allemal nur ein Rosenblatt oder ein Honigtropfen.

Denn ich könnte mich wohl entschuldigen, wenn ich wollte (aber ich will nicht) mit den kurzen Tagen, mit dem langen Zahn und Ohrenweh, mit den überhäuften Geschäften und mit der Hofnung ohnehin bald etwas für den H. Hegi beylegen zu können, welches denn auch geschieht. Ich bitte Herrn Haufe anligenden Brief und Papire ihm einzuhändigen und zu empfehlen. Leztere schicke ich offen, um euch vielleicht einen kleinen Spaß zu machen. Die Historien sind beide wahr, wie man ihnen wohl ansieht, und treu erzählt. Ich werde mich künftig, um Ihnen die Mühe zu sparen an H. Hegi selber halten. Ist die Addresse, die ich seinem Brief gebe sicher und hinreichend?

Meine Reise ins Oberland über Strasburg wohl auf und wohl ab hat warscheinlich einen Riß. Denn bin ich nicht Direktor des Lyceums geworden, habe ich nicht biß tief in die Ferien hinaus viel zu arbeiten, muß ich nicht in den Ferien in die neue Rektoratswohnung ziehen? Könntet ihrs nicht möglich machen, alle recht gesund zu bleiben, und euch gegen den Juli oder August einzubilden, es fehle euch doch etwas, z. B. der Appetit, so daß ihr nothwendig nach Petersthal gehen müßtet. Ich meines Orts engagire mich unterdessen so viel zu essen und zu trinken, besonders eine Stunde vorher eh' ich mich zu etwas entschließe daß es bey mir mehr als Einbildung seyn soll. Ueberlegen Sie es mit d. Schneegansischen und Mad. Weiler, und sagen Sie ihnen daß ich sie herzlich liebe und grüße. Sagen Sie es meinen zwey kleinen lieben Taufmäuslein insbesondere.

Hat wohl Justus Wolf, bey dessen Vater mich H. Haufe verklagt hat, seine Hemden bekommen? Wäre es nicht möglich das Röttier, Schloß und das Oberländer Meidli, so ich einmal hinauf geschickt habe, zur Verzierung meines Hauses wieder zu bekommen. Wärs nicht möglich, daß das Papir dieses Briefes sich noch ein wenig streckte? Nein es will nicht möglich seyn. Gott zum Gruß und Segen.

Herzlich Euer Fr.      Hebel             

 

 

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Historien: Die Erzählungen für den Rheinländischen
Hausfreund 1808: „Der Fremdling in Memel" und
 „Der Husar in Neisse".
Direktor des Lyzeums: Hebels Ernennung zum Direktor
des Lyzeums war am i. Februar 1808 erfolgt.

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