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AN CARL CHRISTIAN GMELIN

   

[Ende Mai 1797]      

„Wie den Träumenden wirds dann mir seyn" — so steht in einem Psalm, den mir Bougine noch zu übersetzen und erklären übrig gelassen hat. Aber Doktor, Doktor! und lieber guter Herr Doktor, es steht auch geschrieben irgend wo: Redet die Wahrheit ein ieglicher mit seinem Nächsten. Verzeihs Ihnen Gott, wenn Sie mich anführen, und verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen Unrecht thue. Aber ich trau euch nur halber, weil Ihr mir verbietet etwas zu sagen. Und doch glaub ichs, weil ichs wünsche und mich drauf freue. Aber es ist eine harte Probe, auf die Sie mich mit Ihrem Verbot sezen. Ich meine, ich muß es sagen, doch wenigstens auch dem Hofgärtner und dem Heiter und den Zuhörern, die lang genug mit mir an der Schale nagten und durch ihre gutmüthige Geduld wohl verdienen einmal den Kern aus Ihrer Hand zu empfangen. Es versprengt mich fast, es will zu allen Poren hinaus. Aber ein Mann ein Wort, oder vielmehr ein Mann und kein Wort, und wenn ich mir auch einen Bruch schweigen müßte.

Aber Sie sind so begierig auf wichtige Nachricht, und ich halte Sie mit so nichtsbedeutcnden Faxen auf. Närrisch, das kommt daher, weil ich noch nichts weiß und Ihnen doch auf den Dienstag einen Brief nach Anspach schicken soll und will. Gestern Samstags erhielt ich Ihr Schreiben. Heute Sonntags erwartete ich, daß mich der Erbprinz würde rufen lassen. Es ist so sein Tag und seine Zeit Sonntags nach der Schloßkirche. Nichts passirt. Marchio cum femina primaria uxore eius lapidi rivensi secessu agit. So viel für heute.

Montags — noch nichts passirt. H. v. Adelsheim fragte mich diesen Nachmittag um Ihre Adresse und ob Sie noch in E[rlangen] seyen. Soll ichs sagen? dacht ich. Naa! dacht ich. Trau einer den Hofleuten. Doch könnt ichs nicht übers Herz bringen ihn anzuführen, zumal da ich nicht wußte, ob er Ihnen nicht etwas zu schreiben habe. Ich sagte ihm also, daß Sie sich seit einiger Zeit bey dem Cabinet in Anspach befänden, und gab ihm die Adresse, und iezt ists Dienstag, also geht der Brief fort, wie Sie wollten, auf alle Fälle. Kommen Sie nur, Sie werden allen herzlich lieb und Willkomm seyn, vom Marggraven bis auf seinen Thürnizknecht Johann Jakob Heiter herab. Daß Sie Ihre theure Gattinn, wie Sie schreiben, schwanger gemacht haben, ist herrlich. Macte virtute! Daß Sies bey Serenissimo gethan haben, wie Sie ebenfalls schreiben, ist freilich arg, doch wenn ers hat leiden mögen, was gehts uns andre an? Viele herzliche Empfehlungen. Also nehmen Sie einsweilen diese Ladung. Sobald ich etwas Sachdienliches höre, wird nachgeschossen. Leben Sie wohl, mein Bester! Mein Auge kommt nimmer von der Durlacher Straße weg.

Ihr     Hebel              

 

 

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