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AN CARL CHRISTIAN GMELIN

   

Theuerster Herr Doktor!

Der eine meiner Besteller hat sich unterdessen Hofmanns Flora anders woher bestellt, und der andre mag sie nicht mehr, was thun wir nun? Haben Sies noch nicht aus dem Laden genommen, so laßen Sie's drinn! Haben Sies schon, so nimmts der Verleger vielleicht ohne Mißvergnügen wieder an, oder Sie finden andre Liebhaber, oder wenn keins von beiden ist, so schicken Sie mirs denn in Gottes Namen, villeicht bring ichs sonst an den Mann. Aber den 2ten Theil zu meinem Exemplar — nicht wahr den schicken Sie mir doch auf alle Fälle; und antworten mir auf meine Frage wegen d. Preis.

Lange nennen Sies, daß Sie keinen Brief von mir erhalten haben, Sie der Sie mir bei beßerer Muße in einem Jahr nur zweymal geschrieben haben, das einemal so im Vorbeigehen am Pult, das andere mal pro forma um einen andern Brief per Einschluß sicher an Behörde zu bringen. Aber wart'! Ich schreibe Ihnen dafür kein Wort von meiner N.[atur] G.[eschichte], nicht einmal, ob ich sie noch lese, oder auf Ihre Verantwortung ausgesezt habe, nichts von der 5.stündigen Belagerung von Karlsruhe, nichts von Schweikhard, Sander, Kaufmann, Heiter — das einzige sage ich Ihnen, weils etwas unangenehmes ist, daß Sander wider Anfälle von seiner Krankheit hat. Ich reise ins Oberland. Soll ich auch nach Steinen gehn? Ich bekomme villeicht eine Kommißion an Sie, wider einen Brief zum Einschluß, aber ich werde sagen, ich stehe in keiner Correspondenz mit Ihnen. Doch nein! da will ich mich anderst rächen, ich nehme die Kommißion an, laße Ihre Schwiegereltern auf der Meinung, als ob wir noch an einander schrieben, und seze mich in Correspondenz mit der herzigbraven Frau Doktorinn.

Ich könnte Ihnen viel intereßantes sagen. Aber nein! Der Brief soll Sie 10 cr. kosten, und keine 3 Heller werth seyn. Nicht einmal das lere Blatt laß ich am Bogen. In ein altes Exercitium soll er eingewickelt werden — und gleichwohl, lieber H. Doktor! bin ich wie immer mit ganzem Herzen, und unter sehr freundlichem und höflichem Gruß an die theure Frau Doktorinn

Ihr wahrer Freund     Hebel    
      

d. 24. Sept.[17]96.

 

 

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