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AN GUSTAVE FECHT |
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Th. Fr.! Ich sprach wegen dem Gutermännlein mit Hofprediger Martini, Bohm hat nichts damit zu thun. Das Mädchen sollte entweder nicht schwächlich oder noch nicht 14 Jahre alt seyn. Denn das Alter zur Aufnahme ist, wie mir M. versichert, das 10te Jahr, so daß das Gütterlein nimmer viel Zeit hat, stärker zu werden. Indeß war M[artini] sehr bereitwillig, diesen Vormittag mit der Frau Marg[gräfin] zu reden, und ich wäre alsdann Nachmitt. in die Cour gefahren, zwar auf des Schuhmachers Rappen. Gehen ist ein gar zu gemeines Wort, wenn schon die Sache ganz passabel ist. Allein die Sache bedarf Vorsicht. Ich kenne solche Leute, wie ich mir die Frau Pf. G[utermann] denke. Man läßt sehr gerne andere Leute rathen, laufen, fürbitten, einleiten, und ist sehr dankbar und gerührt, bis es auf den Punkt kommt. Alsdann hat man sich eben doch anders besonnen. Man ist aber doch Mutter u.s.w. und findet, daß es eben doch besser sey so und so, als so und so, bedauert übrigens herzlich die gemachte Mühe u.s.w. Das geht nun so an unter uns guten Leuten. Allein vornehme Herrschaften nehmen es sehr übel auf, wenn man ihnen eine Gnade zurückgibt, zumal wenn man sie zuerst selber gesucht hat. Ich bitte Sie also vordersamst mich darüber sicher zu stellen, wenn es möglich ist, oder lieber die Sache auf einen ändern Weg gehen zu lassen. Nicht wahr, ich habe in 65 Jahren doch einige Erfahrungen gesammelt. Mit den Jahren selbst ists nicht so schlimm. Sie haben mir auf einen Gedanken geholfen. In noch 5 Jahren bin ich 70. Alsdann bitte ich um meinen Ruhegehalt und komme heim. Ich bin bekanntlich in Basel daheim, vor dem Sandehansemer Schwiebogen das zweite Haus. Selbiges Häuslein kauf ich alsdann um ein par Gulden — aber ich bin kein Burger! — also miethe ich es, und gehe alle Morgen, wie es alten Leuten geziemt, in die Kirchen, in die Betstunden und schreibe fromme Büchlein, Traktätlein, und Nachmittag nach Weil wie der alte Stickelberger im Schaf. Ich lachte lange über meine Freunde, wenn sie meinten, ich könnte es nimmer auf dem Lande gewöhnen. Aber iezt kommts mir selber so vor, seit dem ich mit goldenen Löffeln esse, und den Caffe mit dem Hut unter dem Arm trinke, und alle Sonntage in die Cour fahre. Die reichen Gaben von Weil haben sich ausgezeichnet und in dem Frauenverein sehr wohlgefällige Aufmerksamkeit veranlaßt. Ich habe gerühmt, wer daran schuld sey. Vorige Woche rühmte mir Frau von G[ayling], daß viele Arme bereits besser ausstaffirt seien, als sie vordem waren. Ich hab es früher gedacht, es werde manchem ein Bett zu Theil werden, der vorher keins hatte. Es wohnt eine unerschöpfliche Güte in den weiblichen Gemüthern. Grüßen Sie von mir den iungen Ehemann, den Herrn Stephan. Ich umfasse alles mit Liebe, was einst zu Ihrem Haus gehörte. Von Herzen Ihr Freund Hbl. D. 16ten Jenner [18]25.
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Gutermännlein: Die Tochter des 1819 gestorbenen
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