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AN GUSTAVE FECHT UND KAROLINE GÜNTTERT

   

Theuerste Freundinnen!                                                [Ende Dezember 1825]

Ich will dem scheidenden Jahr noch ein Brieflein an Sie in die leere Tasche geben, damit ich nicht zuviel Schulden in das neue mit hinüber nehmen muß. Gott lasse Sie den abermaligen Wechsel in gutem Frieden, dankvoll im sanften, gesunden Schlaf bestehen und einer heiteren Zukunft in dem Neuen entgegenschauen! Aber Sie schreiben mir liebe Freundinnen, daß Sie bei dem Abgang Ihres lezten Briefes wieder sehr leidend waren, hoffentlich nur waren. Wie könnten Sie mich trösten und erfreuen, wenn ich bald von Ihnen erführe, daß Sie wohl seyen, was Gott geben wolle. Ich konnte Ihnen diesmal an dem 20sten nicht schreiben. Aber wie fliehen auch diese Tage dahin, seit wir den guten Seligen vermissen, an dem nun aller irdische Wechsel unberührt vorüberzieht. Ich habe iez kaum noch 4 Jährlein, bis ich bei ihm bin, das heißt in den Jahren, vielleicht aber auch in einem andern Sinn. Wie Gott will! Ich werde in diesem Leben nimmer viel Rosen zu pflücken haben. Aber sehen Sie mich nicht wieder für melancholisch an. Wenigstens will ich es nicht seyn, sonst könnte ich Ihnen bald meine trübsinnigen Briefe verleiden, was mir sehr leid wäre. Auch sollte man am Ende eines Jahres nie ein unfreundliches Gesicht machen, weil man immer sagen kann, entweder Gottlob ich habe es genossen, oder Gottlob ich hab es überstanden, und wer beides sagen kann, hat ia gar ein doppeltes Gottlob zu sagen. Auch bin ich ziemlich gesund. Etwas rheumatische Steifigkeit und kurzen Athem nehm ich als Zugabe. Die Unlust zum Essen und die Unlust zum Arbeiten heben sich gegen einander auf.

Der Tod des Kaysers erregt hier große Sensation. Auch dem K[aiser] von Ostreich will man noch kurze Frist geben. Daß bisher die Winterbelustigungen eingestellt waren ist mir nicht leid. Der Winter ist nirgends lustiger als daheim am Ofen. Oh, saß ich ein Stündlein an dem Ihrigen mit einem Pfeifichen Rauch Tabak.

Ihr   Hbl.    

 

 

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der gute Selige: Tobias Günttert, gestorben 1821.
Tod des Kaysers: Zar Alexander I. von Rußland
war am 1. Dezember 1825 gestorben.
auch dem K[aiser] von Österreich . . .: Franz I. starb
erst im März 1835.

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