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AN GUSTAVE FECHT |
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Es war mir theuerste Freundinn, um mein selbst willen zwar einiger Trost von Ihnen zu vernehmen, daß Ihnen das Briefschreiben auch bisweilen beschwerlicher werde, und daß Sie seltener als sonst die Zeit dazu finden, aber freilich in ieder ändern Hinsicht — wie man sonst zu sagen pflegt — ein schlechter, weil ich Sie immer gesund, immer munter und aufgelegt wissen und gerne alle acht Tage ein Brieflein von Ihnen erhalten möchte. Man lobt immer die gute und weise Einrichtung aller Dinge, und sie ist auch zu loben. Mir wäre sie nicht so gut gelungen als sie ist. Aber manchmal hätte man es doch auch gern ein wenig änderst, z. B. daß sich nicht erst mit den Jahren die Geschäfte, die Sorgen und die bösen Launen mehren sollten. Mir widerfahren diese Zulagen zu den Jahren reichlich. Soll man die nicht glücklich preisen die ihre Ruhe gefunden haben, und die Sehnsucht nach ihnen mit dem Trost, daß sie glücklich sind, und mit der Hoffnung versüßen, es einst auch zu werden, und bei ihnen zu seyn? Doch ich wollte meinem Brief keine traurige Wendung geben. Das erfreulichste wäre mir Ihre beiderseitige Gesundheit, die Ihnen Gott schenken und erhalten wolle. Da ich gewöhnt bin, die halbe Gesundheit, d. h. die erträgliche für die ganze gelten zu lassen, so habe ich Gottlob nichts zu klagen. Meistens nur Vormittags, und es hat noch nicht lange neun geschlagen, nimmt mich der enge Athem und die innere Bangigkeit und Unruhe in Anspruch. Es kann halt einmal ein Wassersüchtlein werden. Einmal muß Etwas kommen. Aber meine medicinischen Freunde lachen mich noch aus, und versichern mich, ich sey so gesund, wie der Fisch im Wasser. Das wäre schon recht. Aber das Wasser im Fisch —! Künftige Woche gehe ich mit K.-Rath Bär auf einige Tage nach Baden. Wo werden Sie seyn oder hingehen? Daß mein Hauspatron Rath Ruf gestorben ist, wissen Sie. Warscheinlich werde ich nun meine schöne Wohnung verlassen müssen. Es wird dieses mein 10ter Zug seyn. Es ist immerhin eine liebliche Erinnerung an die Worte: Wir haben hier keine bleibende Stätte sondern die künftige suchen wir. Ich verhalte Ihnen die Nachricht nicht, daß E[berhard] im letzten Visitationsprotokoll sehr gelobt worden ist, und schließe nun mit dem Ausdruck meiner herzlichen Liebe. H. D. 15ten Juli [1825].
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Ruf: Schulrat Georg Friedrich Ruf, in dessen Haus Hebel |