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AN GUSTAVE FECHT

   

Theuerste Freundinn!                                  Den 26. Jenner [1819] vormit. 8.

Es ist wieder lange, daß ich Ihren Brief auf eine Antwort warten lasse. Aber Sie verwöhnen mich auch ein wenig durch Ihre Nachsicht. Sie sind zu gut gegen mich.

Schlimm genug, denken Sie, wenn man zum Schreiben nöthigen soll, wenn man das Rauhe herauskehren muß.

Das will ich nicht sagen. Sondern ich weiß daß Sie nachsichtig sind und mich selbst entschuldigen, wenn ich viel zu arbeiten, viel Geschäftscorrespondenz habe, und die Tage kurz sind, und daß ich es zu erkennen weiß. Rauhes haben Sie ohnehin nicht viel herauszukehren. Woher nehmen? In diesem Stück will ich Sie auch schonen!

Von den Veränderungen des vorigen Monats habe ich deswegen nichts geschrieben, weil nichts Spezielles geschah, was nicht am nämlichen Tag auch in der Zeitung kam. Man nahm nicht den großen Antheil wie das vorige mal. Der iezige G[roß]-H[erzog] übertrift alle guten Hofnungen und beschämt alle Zweifel und Besorgnisse selbst denen, welche einst nicht daran dachten, daß er noch würde ihr Souverän werden. Er sagte zu seinem Vertrauten: „Ich will allen verzeihen. Wie könnte ich sonst auf Gottes Beistand hoffen, wenn ich Rachsucht trüge?" Er lebt noch ganz wie ein Privatmann seines Standes und arbeitet troz einem Staatsrath. Bisweilen kommt ein Bäuerlein in die Stadt, und fragt ganz verlegen, wo der G.-H. wohne, wie man nach der Wohnung eines Kirchenraths fragt, den man nirgends zu finden weiß.

Kommts Ihnen nicht auch vor, als wenn der Winter schon vorüber wäre? Ei, in 4 Wochen kommen die Storken. Ich sehe Sie schon Erbsen stecken und Veigelein pflücken. Doch wollen wir noch nicht zu laut seyn.

Wie viel ist schon gesponnen? Wie viel Entlein geschmaust? Legen die Hühner schon? Stehn die Reben gut? Wie geht der Wein ab?

Freilich könnte mir der Herr Vogt auch wieder einmal schreiben, selbst auch die Frau Vögtinn. Nummen auch ein par Zeilen unten dran oder neben, wie wann man ein schönes Röcklein verbendelt oder ein Tschöbblein. Doch wir haben ia den alten Accord. Sie repräsentiren alle. Sie sind der Minister der auswärtigen Angelegenheiten am Pfarrhof in Weil.

Ich bin G[ott] L[ob] gesund. Mögen Sie alle es ebenfalls seyn, und lange, lange bleiben. Mit unveränderlicher Eiebe und Freundschaft

Ihr ergebenster       Hbl.           

Den 27sten 1 Uhr.           

Noch melde ich Ihnen geschwind vor Thorschluß den Empfang Ihres 1. Briefes vom
24sten, worauf ich Ihnen bald antworten will, wenn schon Sie nichts raues herausgekehrt haben. Die Basler Druckschriften schicken Sie mir ia. Ich möchte gar gern auch wieder einen Böbbi predigen hören.

 

 

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