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AN GUSTAVE FECHT

   

Den 21. Nov. Mittags 12 [1812]        

Wie steht es, liebe Freundinn um Ihr Befinden? Meine Gesundheit und meine Krankheit wollen nimmer beieinander gut thun, und ich glaube, die Gesundheit wird Meister. Möchten Sie mir doch bald das nemliche schreiben können. Ich habe nichts gebraucht, als Vorsicht. Ich trug bisher nur Sokken unter den langen Beinkleidern und habe mir viele angeschaft, weil ichs den ganzen Winter so thun wollte. Iez war ich übel daran damit und mit meinen alten Strümpfen an denen fast ieder Zehen ein eigenes Fensterlein hat, um herauszuschauen, wenn ich mir nicht zu helfen wüßte. Um die Socken forttragen zu können schneide ich von den ältesten Strümpfen die Fürfüße weg, und ziehe sie so an. Ists nicht listig?

Morgen ist Generalversammlung des Museums, wobei ich zum ersten mal in diesem (unsichtbaren) Winterstaat erscheinen werde, Ich hoffe auch dismal, nicht zur Commission gewählt zu werden. Nachher ist ein Essen von 85 Gedecken, ohne was noch kommt. Erschrecken Sie daher nicht, wenn ungefähr um 3 Uhr Ihre Gläser zusammenklingeln. Es bedeutet nur, daß ich Ihre Gesundheit trinke, und an Sie alle denke, und lieber bei Ihnen wäre.

Den 24ten Vorm. 10 Uhr        

Hat's geklingelt? — Es war eine sehr hübsche Gesellschaft von 121 Personen, lauter frohe Leute. Iezt bauen wir ein neues Museum. 50 000 Gulden sind dazu als Vorschuß angeboten gegen die Bedingung, daß iährlich der sechste Teil des sämtlichen Einkommens der Gesellschaft zur Abzahlung bestimmt werde. Im Sommer, wenn Sie von Rastadt aus hieher kommen, ist das Gebäude schon halb aufgeführt.

Mögen die Rosen auf dem lieben Grab, von frommen Händen gepflanzt, recht schön gedeihn und iede aufkeimende Knospe Ihnen eine liebliche Erinnerung ohne Schmerz, und ein schönes Bild und Unterpfand des Widererwachens der theuren Schlafenden und einer frohen Wiedervereinigung werden.

lIch wünsche sehr, zu erfahren, wie es mit der Cur des guten C[arl] W[ilhelm] geht.
Ich hoffe, er sey in guten und geschickten
Händen.

Mein böses Bein kam am Sonntag wieder, als ich im M[useum] was unvorsichtig die Treppe hinauf sprang. Eigentlich ist zwar das Bein selbst nie fortgewesen. Aber Sie verstehn mich schon. Auch werde ich zweifelhaft, obs nicht blos eine Verrenkung in den Muskeln ist. Daß die Kälte nichts daran gut macht, empfinde ich indessen wohl.

Wird denn unser Gut noch nicht bald gezogen? Man sollte doch auch allmählig auf das Einsäen der Winterfrüchte bedacht seyn und für die Anschaffung von Vieh, Wagen und Geschirr sorgen. Ich fürchte immer, ich gewinne es mit dem Los, das ich allein habe. Anfänglich lag unser gemeinschaftliches im Uhrenkasten unter der Uhr. Erst nach einigen Tagen holte ich es wieder und versteckte es in die Schachtel. Ich war öfter in Ihrem Zimmer, daß Sie es nicht wußten.

Nun wird schon fleißig gesponnen und studirt. Die Frau Vögtinn, so gesund, so busper wie vormals beim Hintenweg oder beim Michel, oder beim Plumpsack, hat schon Stränglein am Nagel hängen, aber noch nicht viel. Ja, der Herr Pfarrer hat schon Advent- und Weihnachtpredigten ligen, aber auch noch nicht viel, ausgenommen alte, und schreibt fürs Leben gern Taufen nach der neuen Weise ins Taufbuch ein.

Möge Ihnen der Winter der schon so ernsthaft und zeitlich anfangt recht kurz und heiter werden und der Ofen, der aber ausgebessert werden muß, Sie recht warm halten beieinander und der Guhl oder der Bär Sie spät wecken am Morgen. Meine besten Grüße.

Von Herzen Ihr     P.         

 

 

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