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AN GUSTAVE FECHT |
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Theuerste Freundinn! Ihr lezter Brief gehört in Ansehung seines Innhaltes wieder nicht zu den erfreulichen. Ich habe ihn mit der freundschaftlichsten Theilnahme gelesen. Wann werden wir uns wieder so gemüthlich und heiter schreiben können, wie ehemals, bisweilen wenigstens. Denn es hat Ihnen schon lange, ich möchte fast sagen, Ihr Lebenlang nie an mancherley Prüfungen gefehlt. Ich mißbillige sehr das Betragen Ihrer Brüder, für die Sie alle schon so viel Beweise von edler Geschwisterliebe mit großen Aufopferungen gegeben, so viel trübe Stunden ausgestanden haben. Ich wäre in Versuchung mehr über dieses Betragen der Brüder [zu] sagen, wenn ich vergessen könnte, daß ich an die Schwester schreibe. Wie geht es denn iezt der guten Frau Caroline. Ich bedaure es herzlich, daß sie noch so viel besonders leiden mußte. — Sie zwar auch, mit ihr und noch extra. Wenn noch Stoff der Krankheit in ihrem Körper zurück war, so ist es zwar gut, daß er sich auch noch geregt und offenbart hat. Aber das Schicksal kann Einem Menschen und Einer Familie viel zumuthen und die Geduld und Ergebenheit auf eine ernsthafte Weise prüfen. Aber möge es nun iezt vorüber seyn. Ich sehne mich sehr, erfreuliche Nachricht von Ihrer Erholung und Genesung zu erhalten. Und wie geht es Ihnen bei der vielen Mühe und bei den Angriffen, die Ihr Körper und Ihr Gemüth nothwendig erleiden muß. Was der Herr Pfarrer diese Zeit hindurch innwendig gelitten haben muß, weiß ich zu schätzen und mitzufühlen, da ich ihn kenne und liebe. Aus der Badreise scheint also nichts zu werden, von der ich Ihnen so lange vorgesungen habe und die Ihnen allen so nöthig wäre und so wohlthätig werden könnte. Ich glaube wohl, daß es viele Bedenklichkeit hat, doch glaubte ich auch, daß man der Gesundheit und Erheiterung des Gemüths viele Bedenklichkeiten aufopfern kann und doch dabei gewinnt. Ihnen wäre beides so sehr nöthig. Ich glaube, daß Ihnen ohne das Bad eine blose Erholungsreise und der Aufenthalt in Baden, Rastadt, Carlsruhe sehr dienlich wäre, wo Sie nichts zu thun hätten, als zu sehen, zu hören, zu leben, sich zu zerstreuen und zu erheitern und unter Königen, Prinzen, Graven herum zu spaziren, accurat auch so. Ich weiß nun nicht, was ich in den Ferien anfange. Ich werde mich in Baden, Kork, Straßburg theilen. Vielleicht gibt sich an letzterm Ort eine Gelegenheit auf ein par Tage hinauf zu kommen. Aber ich weiß ia nicht einmal, ob ich Sie beisammen in W.[eil] antreffe, ob Sie nicht Baden den Schimpf anthun und nach Riedlingen gehen, um sich ia nur halber und nicht ganz zu helfen. Ich schicke iezt Ihrem Bruder C. W. die Rechnung von 38 fl. 42 er. Ich
hatte einen kleinen Umstand mit den Curatoren der Bussiägerischen Masse,
weil sie noch 23 fl. Hier ist es durch die Abwesenheit des Hofes und der Militärs sehr still. Aus dem Feld hört man nicht viel. Ein badisches und ein französisches Regiment sollen in der Garnison selber ein Gefecht mit einander gehabt haben, aber man spricht nicht davon. Ich glaube der Krieg wird bald aus seyn, aber die Truppen werden vielleicht lange ausbleiben. Spec[ial] Sievert ist hier. Sein Proceß ist aber noch nicht entschieden. Ich höre, die Aussagen gegen ihn seyen doch nicht so halsbrechend. Leben Sie innsgesamt wohl. Gott gebe Ihnen Trost und Gesundheit. Herzlich Ihr Freund H. D. 21. Jun[i] früh 1/2 11 [1812].
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