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AN GUSTAVE FECHT |
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Liebe Freundinn! [16. Mai 1812] Es ist mir sehr leid, daß Macklott den Unverstand hat begehen können, Ihnen die Rechnung zuzuschicken. Ich weiß nicht, was er dachte. Ich habe schon mehrere Anzeigen von allerlei Art für andere besorgt, und allemal schickte er die Rechnung mir, wie natürlich. Deswegen sagte ich dismal auch nicht zu ihm, daß er sie mir schicken solle, wie konnte mir so etwas einfallen. Sie verlangten, glaub ich, daß ich Ihnen die Quittung zuschicke. Ich weiß nichts andres als daß ich sie an den Präsidenten der Akademie in München geschickt habe. Wenn Sie dagegen dieienige wollen, die ich ihm hätte schicken sollen, so steht sie zu Diensten. Sie profitiren noch dabei. Denn diese lautet auf 8 fl. Indessen dürfen Sie ruhig seyn, daß Ihnen der Unverstand keine Anfechtung mehr machen wird. Vor einigen Tagen bekam ich einen Brief von C[arl] W[ilhelm] was mich sehr an ihm freute. Möge seine Ehe und sein Geschäft glücklich ausfallen. Er gab mir auch eine etwas ausführliche und sehr beruhigende Nachricht von dem Zustand Ihrer guten Frau Schwester. Was mögen Sie miteinander gelitten haben unter den harten Prüfungen, die über Sie ergiengen. Gott sei gedankt, daß er sie wieder getröstet hat. Ich glaube wohl, daß sie sich langsam erholt. Und doch kann sie schon wieder ein wenig auf seyn. Ich hätte nicht einmal das so geschwind erwartet. Ich wünsche daß sich ihre Kräfte bald und zu einer dauerhaften Gesundheit wieder herstellen mögen. Auch schreibt er mir, wie viel Sie gethan und gelitten haben, mit dem Ausdruck brüderlicher Liebe, und ich weiß, wie viel Sie noch leiden. Meine Gedanken über einen Theil dieser Eeiden habe ich Ihnen in meinem lezten Brief geschrieben, und sie haben vielleicht etwas zu Ihrer Beruhigung beygetragen. Ich wünsche nicht, daß der Verlust der Mutter Ihrem Gemüth weniger schmerzhaft wäre, aber ich wünsche, daß Ihr Körper gesunder und fester wäre, diesen Schmerz zu ertragen. Der Schmerz steht in gleichem Verhältniß mit der Liebe. Könnte ich, könnten Sie wünschen Ihre Mutter weniger geliebt zu haben. Nach und nach heilt die Zeit. So oft dieser Trost schon gegeben worden ist, so oft muß er wiederholt werden, weil er uns so oft nöthig ist. Man sollte keine Kleidertrauer tragen, wenigstens sollte man nicht die schwarze Farbe dazu gewählt haben. Sie tragt vieles dazu bey, wenn man sich selber und einander gegenseitig ansieht, die Düsterheit und Trübheit des Gemüthes ohne Zweck zu erhalten. Legen Sie sie ab, sobald es schicklich ist, und trauern Sie nicht tiefer, als es nöthig ist. Sie sind alle zu klug, als daß Sie glauben könnten, es Ihrer Mutter schuldig zu seyn. Man ist es nur der Welt und der Gewohnheit schuldig. Geh. Rath Reinhard ist gestern abend auch für tod gesagt worden. Ich habe heut (16. Mai früh 9 Uhr) noch nicht gehört, ob es sich bestätigt. Schon mehrere Tage sah man seinem Ende entgegen. Der gute Mann hatte schon mehrere Jahre lang ein lästiges Daseyn, und es ist ihm wohl zu gönnen, wenn ihn Gott erlöst. Vor einigen Tagen lernte ich den H. Graveur Hueber von Basel hier kennen. So einer kommt mir recht. Er mußte durch alle Gassen und Gäßlein von Basel mit mir schlupfen. Am Ende gestand er mir, daß ich Basel besser kenne als er. Ich fragte ihn auch nach Weil. Aber dort kennt er nur die Sonne. Zu gleicher Zeit machte mich auch der Baudirektor Weinbrenner mit einem Maler aus Schweden bekannt, der die Schädellehre in Paris von Gall gelernt hatte. Er fand an meinem Kopf Scharfsinn, Schlauheit, Bedächtigkeit, Religion, Poesie. Es schien mir, daß es mit seiner Kunst nicht leer sey. Aber noch am nemlichen Abend gestand mir Weinbrenner in aller Unschuld und Einfalt, daß ihm dieser Mann mehrere Köpfe von hiesigen Personen, die er nie gesehen hatte, nach einer bloßen Schilderung, die er ihm von ihrem Charakter machte, richtig abgezeichnet habe, zum Beispiel meinen, und es war mir interessanter, demnach erfahren zu haben, was man in Carlsruh von mir haltet, als was der Schädellehrer an mir findet. Ich habe Ihnen die Iris und ein Buch für Hitzig vor mehreren Wochen geschickt. Er fällt mir nicht auf, daß Sie dessen in Ihren Briefen seither nicht erwähnten. Doch hoffe ich, Sie werden's richtig erhalten haben. Mögen Sie auch einige Müllerische, und andere Almanache iezt oder in einiger Zeit lesen? Ich kam ganz um den schönen Frühling. Ich habe keine Freude mehr daran. Es ist alle Jahr das nemliche. Daran ist aber nicht die Stimmung des Gemüthes schuld, sondern die hiesige Gegend. Im Oberland wärs etwas andres. Ich bin gottlob gesund. Mögen Sie es auch seyn, so gut es die Umstände erlauben. Ich will Sie nicht in allen meinen Briefen bitten, sich zu schonen. Aber thun Sie es gleichwohl. Meine herzlichen Grüße. Stets Ihr ergebenster Fr. H.
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