zurück zur Briefübersicht

 

   

AN GUSTAVE FECHT

   

Den 7ten Aug. [1812]      

An J. G. in den Bädern v. Pisa. Denke Sie nur, Liebe, ich war nicht länger als 5 Tage in Baden. Als es mir am besten gefiel, brach ich auf. Denn wer in Baden nichts zu tun hat, d. h. nicht zu baden und nicht zu spielen hat, der muß sich nur vorstellen, aber nie versuchen, wie angenehm es ist, lang dort zu sein. Baden erlitt selbigen Tag einen harten Stoß. Der König von Baiern und ich giengen am nämlichen Tag fort. Doch ist's jetzt wieder so voll als iemals. Nun denken Sie, ich sei doch nach Kork gegangen. Nein, heim bin ich wieder. Man neckte mich hier, ich hätte mein Geld in B. verspielt. Wer weiß, was Sie dazu denken. Nein! Zwei Kronen hatte ich gewidmet und auch richtig verloren. Aber mehr nicht. Hier traf ich einen Brief von Fecht an, worin er mir den ihrigen meldet. Ich hab ihn bereits ersucht, ihn mir zu schicken. Wie gut bin ich dem Riedlinger Bad, daß es Ihnen dort gefällt, und noch mehr, daß es Ihnen gut zuschlägt. O, wenn Sie doch von Ihrem Schmerz ganz befreit werden könnten. Aber ich glaube gar, Sie baden täglich zweimal, weil Sie schreiben, Frau Caroline dürfe nur einmal. Das gefällt mir nicht. Doch hoffe ich, der Arzt habe es Ihnen gutgeheißen. Vielleicht ist auch die Kraft des dortigen Wassers so stark, daß man zweimal baden muß, wenn man etwas davon spüren will. In Baden wollt ich's niemand raten. Man wäre in 14 Tagen ein Engel, so schön als es einen gibt. Ich hüte mich, auch nur einmal es zu tun wegen der sonderbaren Wirkung, die es auf mich macht. Ich dachte, als ich droben war, Frau Caroline könne doch recht haben, daß sie nicht hin wollte, und es war mir um deswillen fast recht, daß es nicht geschehen ist. Für so stille, fromme Pfarrersleute ist's doch dort ein großes Gewühl. Schon lustig einen Tag lang mit anzusehen, aber nicht 4 Wochen lang mitzumachen. Es kann sein, es hätten alle das Heimweh bekommen.

Fecht hat mir seine Freude bezeugt, daß E[berhard] ein so solider Mann geworden sey. Ich antwortete Ihm, daß er mir auch gefalle, und gute Hoffnung gebe, doch wundere es mich, daß er ihm in den ersten 14 Tagen schon traue, er werde noch oft guten Rath und eines Freundes Hand bedürfen, die ihn am Ermel zupfe. Ich werde es nicht unterlassen, ihn von Zeit zu Zeit zu bitten, doch wäre es gar nicht nöthig. Sie kennen diesen Mann nicht ganz, wie solid, wie klug, wie aufmerksam auf seine Diöcesanen und wie geschickt er ist, sie zu leiten. An seinem Vetter wird er alles in doppeltem Maße thun. Die Neuigkeiten wissen Sie. Sievert ist des Specialats entsezt, kommt nach Gutach in das Specialat Hornberg im Schwarzwald, und Dekan Ludwig muß alle Kosten bezahlen. Dreuttel wird recht greinen. Hitzig kommt nach Schöpfen. Damit ist einer meiner liebsten Wünsche erfüllt. Der Dichter von Tüllingen nach Rötteln. Kray nach Tüllingen, damit durch den Anblick der schönen Natur ein neues Dichtergenie entflammt werde.

Es wird nächstens eine Veränderung in der Organisation publizirt werden. Man erwartet, daß der Wiesenkreis eingehe und mit dem Freiburger vereinigt werde. Sie werden eben wieder eine Breisgauerinn. Wenn ietzt nur die Wiese nicht vertrocknet! Meine besten Grüße. Möge die gute Frau Caroline auch recht gesund werden.

Stets Ihr treuer        H.      

 

 

  zurück zur Briefübersicht

Dichter von Tüllingen: Pfarrer Wilhelm Jakob Albrecht.

nach oben