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AN GUSTAVE FECHT UND KAROLINE GÜNTTERT

   

Liebe Freunde!

Ich traure mit Ihnen von ganzem Herzen, um den Verlust Ihrer guten Mutter, die es Ihnen so ganz im völligsten Sinn war, und die auch mir, wie Sie wissen, so theuer und lieb war und auch in ihrem Tode bleibt. Sie ist aus einer bösen Zeit und Welt gerettet, und wir verlangen keinen Trost in unserm Schmerz, und Sie bedürfen keinen von mir zu hören, wenn Ihr Herz dafür empfänglich wird. Gott stärke Sie, und lindere den Schmerz, mit dem Sie diesen Verlust ertragen müssen. Ihre beyden Aufträge sind besorgt. Ich beklage Sie zwiefach liebe Frau Pfarrerinn um Ihrer eigenen Leiden willen. Gott helfe Ihnen bald wieder zu Ihren Kräften, und lasse Sie alle recht gesund werden und bleiben.

Bewahren Sie mir fortdauernd Ihre Freundschaft und Liebe, dis ist mir bester und einziger Ersatz für das was ich in diesem Augenblick fühle, wo ich daran denke, daß iezt eine Person weniger in Ihrem Hause erfahrt wenn ich an Sie schreibe, und daß ich einer weniger meine Liebe bezeugen kann.

Von ganzem Herzen Ihr ergebenster Freund      H.    

d. 2. Mai [18]12    

Mißbilligen Sie es mir nicht zu sehr, l.[iebe] I.[ungfer] G.[ustave], daß ich in der Unterschrift nicht nach Ihrem Willen gehandelt habe. Es geht nicht an. Es ist gegen das Herkommen und gegen die Natur der Sache und der Verhältnisse, den Tochtermann vor dem leiblichen Kind zu setzen, dessen Gatte er ist. Bey öffentlichen Anzeigen muß man so sehr als möglich bei der Gewohnheit bleiben und dieienigen sind die besten welche gerade so aussehen wie die ändern alle. Alles Ungewöhnliche fällt nur auf, und gibt Anlaß zu Kritiken. Ihr Grund ist schön und edel, aber die Zeitung ist nicht der Ort, die Rangordnung über die Sie sich in Ihrer Familie einverstanden haben, zu publiciren, und wer Sie nicht kennt beschuldigt den Verfasser eines Unverstandes, und hält, eins gegen zwei, den H. Pfarrer, dem Sie bei dieser Gelegenheit wie es scheint eine öffentliche Achtung beweisen wollen, selber dafür. Ohne Zweifel wird es niemand von Ihnen inkommodiren seinen persönlichen Namen bei dieser Gelegenheit dazu nicht gedruckt zu sehen. Die besten und verständigsten Todesanzeigen werden so gefaßt, zumal, wenn die Zahl der Familienglieder etwas groß ist. Sie werden nicht für die Welt sondern für die Freunde und Bekannten gemacht, die eine namentliche Aufzählung nicht bedürfen.

Trauen Sie mir zu, daß ich die Theorie guter Zeitungsanzeigen verstehe. Man muß schon so lange an öffentlichen Orten, wo Zeitungen gelesen und kritisirt werden dabei gewesen seyn und selber mitgemacht haben, als ich.

Ihr Bruder E[berhard] steht im neuesten Regierungsblatt als Diakonus von Kork. Vielleicht bekommen Sie es später als diesen Brief. Nun ist er endlich gottlob in seiner Laufbahn und Versorgung.

 

 

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Ihre beyden Aufträge: die Mitteilung der Todesnachricht
an die Karlsruher Verwandten und Bekannten
sowie die Aufgabe einer Todesanzeige in der
Badischen Staatszeitung.

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