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AN GUSTAVE FECHT UND KAROLINE GÜNTTERT |
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13. Okt. 1811 Endlich, meine Lieben, bin ich den roten dieses Monats wieder hier angelangt, müde und froh, daß ich am Ziel war. So angenehm mir der erste Theil meiner Reise war, so traurig war mir, wie immer, der zweite. Meine Art im Oberland zu seyn, dis ewige Herumfahren und Herumwandern von einem Ort zum ändern hat doch ungemein viel beschwerliches. Wo man nicht gerne ist, und doch hin , soll, wird ieder Schritt und iede Minute lästig, und wo man gerne wäre, dauerts so kurz. Wenn ich alles reiflich überlege, warum ich mir den Genuß der Ferien, die Ruhe und Bequemlichkeit hier in der Stadt versage, und ins Oberland reise, warum ich so manchen Unmuth, mit dem es geschieht, dem ich zum Voraus entgegensehe, auf midi nehme, und doch so gerne, mit so liebem freudigen Hoffen hinauf eile, so finde ich zwar manches, worauf ich mich gelegenheitlich auch freue, was mir süße Wiedererinnerungen gibt, aber am Ende ist's doch nur das Pfarrhaus in Weil, was mich hinauf treibt, wo es mir ganz wohl ist, und nichts andres. Es zieht mich so vieles zu Ihnen, und Sie sind mir alle so gut. Empfangen Sie auch für die viele Güte und Liebe, die Sie mir dismal bewiesen haben, meinen herzlichsten und innigsten Dank. Am lezten Morgen, der mir so schwer wurde, dachte ich, iezt komm ich gewiß nimmer. Aber schon am nemlichen Abend, war es mir ein erfreulicher Gedanke, daß ich nur eine Stunde weit von Ihnen sey, und hätte gern noch einmal einen Besuch gemacht, wenn es die Zeit erlaubt hätte. Ich war 2 mal in Egringen über Nacht, 1 mal in Müllheim, 2 mal in Buggingen. Dort besuchte mich Wagner von Laufen. Schmidt begleitete mich nach Wolfenweiler, und der Pfarrer dort nach Freyburg. In Fr. war ich 3 Tage und es ist mir etwas artiges passirt. Wir wollten am dritten Tag den Pf. Nick in Wittnau besuchen. Schnetzler und Baron von Neveu sagten mir nicht, daß er krank sey, sondern sagten: Ja wir wollen zum Nick. B. Neveu gab seine Equipage und führte uns. Unterwegs sagte er: Es ist aber doch nicht recht, daß Sie mich nicht auch auf meinem Gut in Cappel besuchen. Ich sagte, es könne dismal nicht seyn. Er erwiederte, er gebe die Hoffnung noch nicht auf. Auf einmal hielt der Wagen vor einem einsam stehenden geräumigen und alten Haus, nach Wäldlerart gebaut, und als ich sagte: dis könne doch kein Pfarrhaus seyn, bewillkommt mich H. von Neveu in seinem Eigenthum in Cappel. Am Mittwoch früh reiste ich mit Extrapost nach Kippenheim zu Engler und am Donnerstag in einem Tag hieher. Auf diese Reise habe ich auch meine Pfarrey gesehen, die ich mir nicht will nehmen lassen, wenn ich noch lebe und unterdessen keine andere habe, nemlich Wolfenweiler. Dort ists hübsch. Aber ich merkte doch auf dieser Reise, wie sehr ich an die Stadt gewöhnt bin. Von Weil weg zog es mich, wie Heimweh nach C.-Ruhe zurück, ausgenommen in Freyburg. Aber ich rede immer von mir, und wie geht es Ihnen? Wie schmerzlich war es mir, daß J. G. so sehr leidet. Als Sie mir schrieben meine Theuerste, muß es sehr arg gewesen_,-seyn, sonst hätten Sie die lezten Worte nicht geschrieben. Möge es in diesem Augenblick Ihnen wohl seyn, und recht lange, wenn es nicht immer seyn kann. Die liebe, herzige Caroline, die Ihnen so viel Freude macht, wird nun wohl mit ihrer Mutter in Vogelbach seyn. Dieses Kind ist mir sehr lieb geworden. Ich muß endigen. Ich habe für den Anfang viel rückständige Briefe zu beantworten. Wenn ich sie nur alle an Sie zu schreiben hätte. Herzlich und innig Ihr ergebenster Freund Hebel
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Pfarrer dort: Johann
Friedrich Maler. |