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AN GUSTAVE FECHT

   

Ich bitte Sie, meine Liebe, bey sich selbst und den lieben Ihrigen meine gütige Fürsprecherinn zu seyn, wegen meiner Saumseligkeit. Meine Geschäfte haben sich vermehrt. Die Tage sind kurz, und meine Lebensordnung ist im Winter nicht wie sie im Sommer war. Ich steh um 8 Uhr auf, schone das Aug bis um 1/2 9 und abends um 4 Uhr geb ich ihm wieder Erlaubniß ins Caffehaus zu gehn. Es ist viel besser, doch steht es noch bey Anstrengung bald voll Wasser und verursacht stumpfen Schmerz. — Möge alles noch wahr seyn, was Sie mir von der Wirkung der Arzney schreiben, und noch viel dazu. O, seyen Sie doch ia gesund! Sie und alle.

Unser Geh. K. R. Titel hat nun am Gymnasium auch abgedankt. Ich soll Rektor werden und aufs Frühiahr in das neue Gymnasium ziehen. Da vermehren sich die Geschäfte noch mehr, und Verdrießlichkeiten werden nicht fehlen. Doch hoffe ich von einigen Lehrstunden dafür frey zu werden. Das Consist. hat mir mit der Besoldung des K. R. Sanders eine Verbesserung von 154 fl. zugedacht, und die Gelegenheit benuzt die
100 fl. Zulage von dem Großherzog wieder zu entziehen. Der Großherzog aber, an den ich die Sache gelangen ließ, hat sie mir wieder zurück gegeben. Die bedeutendem Neuigkeiten werden Sie schon wissen. Schon vor 8 Tagen oder länger kam ein Gesandter von Paris. Die ersten Wirkungen seiner Erscheinung waren die Entfernung seines ehemaligen Cammerdieners Rath Weiß. Er verreiste sogleich in seine Heimath im Würtembergischen. Zwey Offiziere mußten die Garnison verlassen, und reisten schon den andern Tag der eine nach Freyburg, der andere nach Offenburg. Prinz Louis geht den 2ten Febr. nach Salem, die ganze fürstliche Familie ist hier. Zunächst scheint alles auf Aussöhnung des Erbgroßh. und seiner Gemalin berechnet zu sein, die nächstens miteinander wieder nach Mannheim gehen sollen. Indessen wollen allerley Leute noch allerley weiteres vermuthen. Das wahrscheinlichste darunter mag seyn, daß dem Militär eine wesentliche und zweckmäßige Veränderung bevorstehe.

Nächstens mehreres, und ie länger die Tage werden, desto öfter.

Meine herzlichen Grüße      J. P. H.       

24. Jen.[ner 1808]

 

 

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