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AN GUSTAVE FECHT

   

Den 17. Juni [1806]     

Sie werden wieder recht böse über mich seyn, meine Theuerste, daß ich so lange nicht schreibe, und es wäre mir fast leid, wenn Sie es nicht wären, doch wenn Sie mirs um der Geschäfte, mancherley zufälligen Abhaltung und einer unbändig bösen Laune willen verzeihen und mir doch gut seyn wollen, so ist es mir noch viel lieber.

Sie sind wieder kränklich. Wie sehr hat mich diese Nachricht beunruhiget! Doch vielleicht war es nur vorübergehend. Warscheinlich hat sich auch die Gesundheit Ihrer guten Frau Mutter wieder ganz befestigt. Mögen Sie mir diese beiden guten Hofnungen bestätigen können, und bald wollen, wenn ich schon so unartig bin.

Gestern kam die Frau Oberhofräthin vom Oberland zurück. Ich wünschte, daß Sie diese geistreiche und herzgute Frau länger und ganz hätten kennen gelernt. Doch freut es mich daß sie wenigstens bey Ihnen war. Sie ist noch voll Entzücken über die liebe herzliche Aufnahme im Pfarrhaus zu Weil und rühmt es sei ihr in keiner Gesellschaft gleich im ersten Augenblick so herzlich wohl gewesen, wie bei Ihnen. Aber was sie mir mitgebracht hat. Tausend Dank für die Freude, die mir der Apfel gemacht hat. Er war noch recht gut erhalten.

Unterdessen hat sich bey mir manches geändert, und ich bilde mir ein, daß es Sie interessire. Fürs erste haben sich meine Geschäfte im Gymnasium um 5 Stunden vermindert, zwar hab ich dafür mehr zu Hause zu arbeiten, aber dies ist mir doch bequemer und leichter. Auch hat sich meine Besoldung wieder um ungefähr 100 und vor einiger Zeit, alles ungesucht und ungebeten, um 140 fl. vermehrt. Ich bin iezt ein Herr und die Privatstunden sind für immer aufgegeben.

Für's andre hab ich mich von Sanders Tisch getrennt, und speise jetzt bei Drechsler in Gesellschaft von einem Geheimenrat, zwey Graven, einem Obrist, zwey Maiors, zwei Husaren und dem H. Obrist Kolb von Basel. Lezterer ist mir ein gar lieber Mann. Wie oft sprechen wir von Basel, von der alten und neuen Zeit, von Weil und dem Wiesenthal. — Ich denke sogar darauf mir bald eine eigene Ökonomie zu halten, um bey guter Gelegenheit desto leichter mit Kisten und Kasten, Pfannen und Kochlöffeln auf eine Pfarrey einrücken zu können. Aber die Frau O.-H.räthin rathet mir das erste entsetzlich ab.

In Strasburg war ich sehr vergnügt, auch kürzlich in Mannheim und Heidelberg. Haufe hat das Herz nach dem ers anderst fassen mußte, verkauft, ich weiß nicht mehr wie theuer, und wird das Geld durch Herrn Stöber schicken, der ins Oberland reist, wenn es nicht schon geschehen ist.

Der Curfürst ist krank! Von Paris hört man nichts. Mir kommt auch alles früh genug, was man von dort her erfahren wird. Der Prinz soll immer in der Nähe des Kaysers seyn, viel Unterricht bekommen, der ihm noch fehlt, und zu den Sitzungen des Staatsrathes gezogen werden. Seine Gemahlin geht nach dem kayserlichen Ehepaar und dem König von Italien allen übrigen Gliedern der kayserlich. Familie vor. Man schließt daraus, daß noch etwas großes mit ihm im Werke sey. Wie, wenn er noch gar König von Basel würde? Empfehlen Sie mich Ihren Lieben und entschuldigen Sie mich, daß ich nur Ihnen schreibe, wiewohl, was ich irgend iemand von Ihnen schreibe, nebst meinen besten Wünschen für Wohlseyn und Freude von ganzem Herzen alle angeht.

H.                


Ey. ey.! Ists wahr, daß sich der Herr Pf. um Steinen bewirbt. Vetter Tobeis, wenn Ihr doch noch Pfarrer in Hägelberg würdet?

 

 

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