zurück zur Briefübersicht

 

   

AN GUSTAVE FECHT

   

[24.—27. April 1805]        

Lezte Osterferien, meine theuerste Freundinn wollt ich ganz gewiß im Oberland zubringen, und freute mich darauf wie ein Kind den ganzen Winter. Deswegen habe ich auch vor Ostern nicht mehr nach Weil geschrieben. Da schrieb mir Schmidt in Hügelheim, daß er mich in Emmendingen abholen und in Freiburg zu Professor Jakobi führen wolle, der nebst vielen mich persönlich kennen zu lernen wünsche. Nun den Professor Jakobi möchte ich selber gerne kennen lernen, aber die andern schreckten mich ab, und das Aufhalten, dort und dann in Hügelheim und Müllheim, und Knall und Fall ließ ich mein Vorhaben fallen. Aber lassen Sie den guten Pf. Schmidt nichts davon erfahren. Er könnte und müßte mirs bei seiner wohlgesinnten und entgegenkommenden Einladung übel nehmen, wenn er erführe, daß sie es war, die diese entgegengesezte Wirkung that. Ich machte daher eine Reise nach Strasburg. Auch da erwachte der Gedanke weiter bis Basel zu gehen, noch einmal und lebhaft bey mir, und ich gieng ernstlich damit um, mich auf die französische Diligence zu setzen, ienseits hinauf zu fahren, von Basel aus auf einen halben Tag nach Weil und ein par Stunden nach Rötteln zu kommen, und dann wieder über die Rheinbrücke zurückzukehren. Aber es wäre doch seltsam gewesen, und Seh. hätte es erfahren können, und dann merken und übelnehmen müssen. Also habe ich auch diesmal wieder das Oberland und was mir darin lieb ist, nicht sehen können. Warscheinlich ist es auch besser, daß ichs nicht gesehen habe. Straßburg hat mir an meinen vereitelten Hofnungen so viel ersezt als möglich war. Ich wähnte, wenn ich allein und in Gedanken war, immer in Basel zu seyn, und auf dem Land, wo es mir [war] wie im Oberland; und o was hab ich in Strasb. für gute Menschen gefunden, an welchen alles Gift der Revolution nichts verderben konnte. Gern hätte ich den Reisner besuchen mögen, ob er gleich noch 6 Stunden von Straßburg entfernt ist. Aber in der Charwoche wäre ich ihm wohl nicht recht gekommen und der Oster-dienstag war wieder zur Abreise bestimmt. Am Montag waren sehr viele Geistliche hineingekommen, die ich noch kennen lernte, aber R. war nicht dabey. Auf dem Münsterthurm bin ich auch gewesen, und habe in die herrliche Weite hinausgeschaut. Nur die Berge sah ich mit Unmuth an, die mir den weiteren Blick gegen das Oberland hin zu verschließen schienen. Indessen hatte ich das Vergnügen nicht umsonst. O wie gerädert war ich ein par Tage lang in den Beinen, und gieng doch zu Fuß, so war es beschlossen, nach Rastadt zurück. Dort war ich bei dem Bammert, und erwartete den K. R. Sander, der den andern Tag aus dem Oberland zurückkam, und seinen Bruder und meinen Hauspatron, den Oberhofrat Schweickhardt, die von CRuhe heraufkamen, und iezt bin ich denn wieder hier. Aber CRuhe ist mir durch Strasb. wenigstens auf eine Zeitlang völlig verleidet.

Ich hoffe, daß Sie insgesamt gesund und vergnügt seyen. Der holde Frühling tragt zwar zu lezterem nicht viel bey. Wenigstens hier sind wir abermal darum geprellt. Gehn Sie nicht zuviel ins feuchte Land und Wetter hinaus. Die Kirschbäume können doch blühen, wenn sie wollen, und die Erbsen und Bohnen und der Mangold werden auch nicht zurück bleiben, wenn ihr anders nicht vergessen habt zu säen. Zwar den Mangold hat die Frau Vögtinn gewiß nicht vergessen. Ich will sie aber selber fragen. Und nun Adies! Aber antworten Sie doch bald

Ihrem ergebenst. Fr.      H.        

 

 

  zurück zur Briefübersicht

 

nach oben