zurück zur Briefübersicht

 

   

AN GUSTAVE FECHT

   

Theuerste Jungfer Gustave!                                            Den 21. August 1796

Es hat Sie eine gesprächige Laune regirt, als Sie mir Ihren lezten werten Brief schrieben, und dafür danke ich Ihnen — aber eine muthwillige Laune, was ich sagen kann, der ich nicht wage, die Spitze zu bieten, ob ich gleich ein gutes Gewissen habe. Ihre feine Kunst hab ich abermal bewundert, Ihre Beschuldigungen so hinzustellen und auszudrüken, daß Sie vor iedem, ders nicht weiß, recht haben müsen.

Sie haben mir versprochen oder gedroht, wenn ich Ihnen bald antworte, mir das nächste mal kürzer zu schreiben. Sehen Sie wieder den Muthwillen! Sie hätten mir keine schlimmere Wahl vorlegen können, wo ich in beiden Fällen absolut zu kurz kommen muste. Das hat nun Ihre Freundinn zu entgelten oder wen's sonst wunder nimmt, wo H. Pf. Grinn sich aufhält. Denn ohne iene Drohung, und ohne den unerwarteten Besuch von Kehl herüber hätt ich Ihnen iene Frage schon längst beantwortet. — Nimmt Sies noch wunder oder wissen Sies schon? Herr Pfarrer Grinn ist von seiner Pfarrey in Spon[heim], weil er keine Besoldung mehr bekam, dieses Frühiahr zu seinen Eltern zurückgekommen, befindet sich seitdem hier, ist gesund, artig und fein, predigt hübsch, und ist unverheirathet. Er hat mir versprochen, das Zeugnis selber zu attestiren, aber ich hoffe, Sie werden meinen Worten traun.

Wie athmen Sie denn wieder, seit die 5iährigen Gäste von der Donau her das Land verlassen, und die Nachbarn von drüben herüber sich so freundlich und fridlich eingestellt haben? Leichter und froher. Daß eine Brüke gebaut wird, wird vielen Leuten auch nicht unangenehm seyn. Ich hab mich immer über den Umweg über Basel geärgert. Aber bleiben Sie ia fein zu Hause miteinander, bis Friden ist. Machen Sie keine Konsequenzen daraus, daß ich schon abbreche. Ich thu's nicht aus Gefälligkeit. Ich hab den Burschen, der auf die Briefe wartet, nach Bier und Taback und Siegelwachs und weiß was alles geschickt, nur um Zeit zu gewinnen, aber er stolpert schon wider die Stege herauf und pressirt in die Vesper — er ist katholisch.

Also ein andermal das weitere. Unterdessen leben Sie tausendmal wohl! Empfehlen Sie mich Ihrer th. Frau Schwester und H. Schwager. Ich bin mit unverändeter Hochachtung

Ihr geh. Dr. u. aufr. Fr.      Hebel        

 

 

  zurück zur Briefübersicht

 

nach oben